"DAS SCHLAUE FÜCHSLEIN" - 13. Juni 2012

Janáceks späte Oper bietet mit ihren vielen kleinen Rollen und langen Orchesterpassagen viel Futter für einen Regisseur. Und Regisseur David BÖSCH in der Produktion des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper scheint das zu inspirieren.

Temporeich führt er durch die Geschichte. Kein beschauliches Märchen kommt dabei zutage, sondern ein Reigen von Szenen, manche knapp am Slapstick vorbei, manche drastisch brutal, manche lyrisch zart. Böschs Kunst besteht darin, dass er bei dieser Gratwanderung nie abstürtzt, die Zuschauer stets mitnimmt und ihnen fast wie nebenbei viel Stoff zum Nachdenken bietet.

Tier- und Menschenreich mischen sich bei Janácek und das wirft Fragen auf, schafft Brüche. Liebt der Förster (Peter MAZALÁN) wirklich eine Füchsin, oder benutzt er sie nur für seine physischen Bedürfnisse? Ist der Dackel eigentlich ein Dichter oder doch der Schulmeister ein geprügelter Hund (beide überzeugend dargestellt von Dean POWER)? Quälen die Menschen die Tiere, oder die Tiere sich gegenseitig, und wie behandeln sich Menschen sich untereinander?

Bösch läßt viele dieser Fragen mit all ihren Brüchen stehen, und setzt noch einen drauf. So wankt die (von Menschen?) geschundene Mücke dürr und klapprig durchs düstere Bild (Ausstattung Patrick BANNWART und Falko HEROLD), erst mit einem Infusionsbeutel, dann mit vielen, schon sichtlich munterer, um am Schluß satt und fett selig umherzutaumeln (Andrew OWENS sehr spielfreudig auch als Hahn und Specht). Wer hat hier wen gequält? So gelingt auch Iulia Maria DAN in der Titelrolle die Balance zwischen mädchenhafter Verletzlichkeit und kalter Härte, wenn sie den Dachs (Tareq NAZMI) aus seinem Bau vertreibt. Bösch treibt das Dunkle noch auf die Spitze. Bei ihm erschießt sich am Ende der Wilderer (mit der nötigen Bosheit Tim KUYPERS), und der Förster scheint dessen Platz einzunehmen. Aber wer, wenn nicht Janácek wußte, daß das Glück ein zartes Pflänzchen in widriger Umwelt ist?

Christopher WARD dirigiert das BAYERISCHE STAATSORCHESTER in Kammerorchesterstärke in einer Fassung von Jonathan Dove. Diese funktioniert im "kleinen" Cuvilliés-Theater ganz prächtig. In dieser Besetzung, u.a. mit Akkordeon kommt das kantige, aber auch das musikantische von Janáceks Musik besonders zum Ausdruck, und passt hervorragend zur Inszenierung. KS