Diese Opéra fantastique in fünf Akten des Deutschfranzosen Jacques Offenbach
mit dem Libretto von Jules Barbier auf die Bühne zu bringen, ist gar nicht
so einfach, hat sie doch verschiedene Handlungsorte. Hoffmanns phantastische
Erzählungen aber in der Gesamtheit in eine Art verwandelbare Faustische
Studierstube zu verlegen, war bis auf den vom Publikum erwarteten Venedig-Akt
mit dem Ohrenwurm der Baccarole keine so schlechte Idee. Auf die Baccarole
wartet das Publikum, sie schafft die Romantik eines nächtlichen gondelreichen
Venedig, hier fand sie aber im geschlossenen Raum statt und wirkte dadurch
eintönig, zumal die beiden Stimmen der Muse und Giulietta nicht ganz harmonieren
konnten.
Die
Inszenierung dieses Stücks übernahm Richard JONES, der der Bayerischen
Staatsoper im letzten Jahr eine etwas merkwürdige und gewöhnungsbedürftige
Inszenierung des "Lohengrin" bescherte. Trotzdem tauchten aber hier so
manche gute Regiegedanken auf, wie z. B. für den jeweiligen Szenenwechsel
eine rauchende Pfeife zu verwenden, die am Schluß der Oper die Erzählungen
des Hoffmann durch auflösenden Pfeifenrauch Schall und Rauch werden ließen.
Sehr geglückt ist auch der Olympia-Akt (Puppenspieler der Olympia: Robert
REBELE), nämlich Olympia halb Mensch, halb Puppe auf einem Tisch zu plazieren.
Ebenso kann die Spiegelszene am Schluß nicht besser gelöst werden.
Der
Antonia Akt gelang ebenso ausreichend. Bei den beiden Stella-Akten war
nur der Beginn verständlich, der Schluß der Oper bedarf hier noch einiger
Überarbeitung, der Verzicht des Hoffmann und das Hinwenden zur Muse kam
nicht klar und deutlich herüber.
Zum
Gelingen trugen erheblich auch die teilweise libretto-zeitgerechten Kostüme
von Buki SHIFF bei, vor allen Dingen war beeindruckend, daß Hoffmann mit
seiner Muse Nicklausse das gleiche Kostüm und Frisur trugen und dadurch
in eine Einheit verschmolzen, wie es das Libretto wollte.
Die
musikalische Leitung des Abends lag in den Händen von Constantinos CARYDIS,
der das BAYERISCHE STAATSORCHESTER zu einer hervorragenden Abendform brachte,
zumal sich auch der CHOR unter der Einstudierung von Sören ECKHOFF wie
immer bewährt und gut einstudiert präsentieren konnte.
Die
Frauenrollen der Olympia, Giulietta, Antonia und Stella sowie einige Männerrollen
mit ein und derselben Sängerperson zu besetzen, ist vielen "Hoffmann"-Kennern
nicht fremd, es fordert manche Sänger geradezu heraus, diese Rollen allesamt
an einem Abend zu gestalten. Hier war es Diana DAMRAU, die alle Frauenrollen
mit ihrem bestgeschulten, jetzt mehr im lyrischen Sopranfach angesiedelten
Sopran in einer unglaublichen abendlichen Bestform gestaltete, obwohl
sie als Olympia immer noch glänzende und flexible Koloraturen zeigte,
gepaart mit einer ihr eigenen Rollengestaltungsfähigkeit.
John
RELYEA in den vier Bösewichter-Partien konnte leider nicht überzeugen,
seine Stimme kann das hintergründige intrigante Böse zu wenig färben.
Gerade in der jetzigen Bezeichnung der Spiegelarie, der Diamantenarie,
zeigte sich wenig Gestaltungsfähigkeit. In den weiteren Tenorpartien des
Cochenille, Pitichinaccio und Frantz konnte sich Kevin CONNERS bestens
disponiert zeigen, besonders auffällig war sein stimmliches Können in
der Arie des Frantz im Antonia-Akt, zudem er auch noch ein schauspielerisches
Talent hat, immer wieder aus einer Bühnenfigur das Librettogewollte herauszuholen.
Eine
Entdeckung des Abends ist Angela BROWER aus dem Ensemble der Bayerischen
Staatsoper als Nicklausse nebst Muse. Mit einem kräftigen Mezzo zeigte
sie Ausdrucksstärke und enorme Bühnenpräsenz. In den weiteren Rollen wie
Stimme aus dem Grab, Spalanzani, Nathanael, Hermann, Schlémil, Wilhelm
und Crespel/Luther traten Okka von der DAMERAU, Ulrich REß, Dean POWER,
Tim KUYPERS, Christian RIEGER, Andrew OWENS und Kristian PAUL stimmlich
gut besetzt, auf, letzterer zeigte gerade als Crespel einen gut geschulten
Baß, man würde ihn gerne in weiteren größeren Partien hören.
Der
Titelpartie wurde dem an der Bayerischen Staatsoper lang vermißten Rolando
VILLAZÓN anvertraut, der an diesem Abend absolut seinem Ruf als zu den
derzeit weltbesten Tenören gehörend gerecht wurde. Die Ballade des Klein-Zack
klang noch etwas verhalten, aber in Folge zeigte Herr Villazón bis zum
Schluß eine enorme Stimmsteigerung. Bestens disponiert und fein differenziert
kamen die tenoralen Töne, die Höhe glänzte wie in alten Zeiten. Herr Villazón
verfügt zudem auch noch über ein enormes schauspielerisches Können, das
er in dieser Rolle voll ausleben durfte und konnte.
Trotz
einiger erwähnten Kleinigkeiten kann man hier von einer gelungenen Inszenierung
an der Bayerischen Staatsoper sprechen, auf die Träumereien des Titelhelden
abgestimmt. ISt
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