In Koproduktion mit der San Francisco Opera brachte die Bayerische Staatsoper
dieses leider so selten gespielte Belcanto-Werk von Vincenzo Bellini zur
Aufführung. Das Libretto stammt von Felice Romani, der sich darin mit
der alten tragischen Geschichte von Romeo und Julia befaßte, von der Musikgeschichte
als tragedia lirica bezeichnet. Diese beiden feindlichen Familien gab
es wirklich im 13. Jahrhundert in Verona, Verona-Besucher können die beiden
Häuser dieser Familien besichtigen, leider das Montecchi-Haus (Haus des
Romeo) nur von außen. Immer wieder ergreift uns diese auswegslose Liebe
zweier junger Menschen, die so es nie gegeben hat, die allerdings im Jahre
1594 erstmals als wahre Begebenheit in der Stadtchronik Veronas aufgetaucht
ist, und mit der sich in den folgenden Jahrhunderten immer wieder Dichter
und Komponisten beschäftigt haben. So befaßte sich auch Vincenzo Bellini
mit diesem tragischen Stoff, der dieses Werk mit feinfühlig herauskomponierten
Belcanto-Arien und -Duetten ausstattete.
Die
Uraufführung fand im Jahre 1830 in Venedig statt zu einer Zeit, als die
Kastraten-Opern langsam zu Ende gingen, und man den italienischen Schöngesang
(Belcanto) bevorzugte, da man in dieser Zeit, der Primadonnen-Zeit, auch
das dazugehörige Sängermaterial hatte. Es entstanden die sogenannten "Hosenrollen"
für Mezzosopranistinnen.
Die
Inszenierung von Vincent BOUSSARD an der Bayerischen Staatsoper war durchdacht,
manchmal mit Rampentheater dargeboten, kam aber dem Handlungsgeschehen
ausreichend entgegen, zumal auch das Bühnenbild von Vincent LEMAIRE sich
in dezenten Farben gehalten in den einzelnen Bildern dem Inszenierungsgedanken
der zarten Gefühle der Liebenden anpaßte. Leider war nicht zu erkennen,
was Giuletta auf einem weißen Waschbecken im 2. Bild wollte (sollte dies
gar den berühmten Balkon darstellen? - undefinierbar fürs Publikumsauge).
Am Schluß gingen die beiden Kinder der Weltliteratur stehend in den Tod,
eine ebenfalls klug durchdachte Regie-Idee. Die nostalgischen Kostüme
verschiedener Zeitepochen paßten sich ebenfalls der Inszenierung an.
Die
CHÖRE (Einstudierung von Sören ECKHOFF) war wiederum gekonnt dargeboten.
Die Rollenbesetzung war sehr gut gewählt, vor allen Dingen kann die Intendanz
glücklich sein, im Ensemble ein Sängermaterial zu haben, das jederzeit
einspringbereit und durchaus in der Lage ist, große Partien in kürzester
Zeit auf die Bühne zu bringen. Für die erkrankte Vesselina Kasarova holte
man gerade aus diesem Ensemble die junge Irin Tara ERRAUGHT als Romeo,
die diese schwierige Belcanto-Partie binnen zehn Tagen einstudierte und
eine Bestleistung erbrachte. Ihr Mezzo ist sehr hoch gelagert, so daß
sie in manchen Passagen mit Eri NAKAMURA, die die Giuletta sang, in den
Duetten kaum als solche zu erkennen war. Diese junge Sopranistin, ebenfalls
aus dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper, meisterte diese ebenso schwierige
Partie bravourös, eine ausgezeichnete pianoreiche Höhe zeichnet diese
erst vierundzwanzigjährige Sopranistin aus. Warum muß sie aber das gesamte
Handlungsgeschehen barfuß durchlaufen?
Sehr
gut besetzt war auch die Rolle des Tebaldo mit Dimitri PITTAS mit einer
sehr erfreulichen tenoralen Höhe, während Steven HUMES wiederum eine sehr
gute Leistung als Capellio erbrachte. Ebenso reihte sich Carlo CIGNI als
Lorenzo in die Sängerriege sehr schön ein.
Das
BAYERISCHE STAATSORCHESTER unter der Stabführung von Yves ABEL erbrachte
eine sehr gute Abendleistung. Großer Jubel für Sänger und Dirigent am
Schluß der Aufführung. ISt
|