Dieses Paradisi-Gloria-Konzert began mit einem kurzen Ausschnitt aus John
Taveners (geb. 1944) Stück "The Veil of the Temple", einem siebenstündigem
Werk, das 2003 in der Temple Church in London uraufgeführt wurde und zum
Verständnis der Religionen untereinander beitragen soll. Seitdem hat das
Stück viele Um- und Bearbeitungen erfahren, so war das hier gehörte "Mother
of God, Here I Stand" ursprünglich für gemischten Chor, nun für Streichorchester
arrangiert. Ruhige, schwebende Klänge wandeln durch den Raum, suchen sich
ihren Weg. Andacht in reiner Form breitet sich aus und bereitet einen
passenden Grund für das folgende Stück.
Morton
Feldmans (1926-1987) "Rothko Chapel" ist quasi ein Nachruf auf den Maler
Mark Rothko und wurde ein Jahr nach dessen Freitod in der Rothko Chapel
in Houston uraufgeführt. Auch hier schwebende Klänge, die sich ihren Weg
suchen, Andacht. Der MADRIGALCHOR DER HOCHSCHULE FÜR MUSIK UND THEATER
MÜNCHEN singt vielstimmige Vokalisen, einzeln ergänzt von Sopran (Maria
PITSCH) und Alt (Julia BLANK). Kein Orchester überlagert die Stimmen,
nur Celesta (Christian BREMBECK), Schlagzeug (Andreas MOSER) und Viola
(Norbert MERKL) bilden einen himmlischen Rahmen. Feldman nimmt hier, wie
so oft in seiner Musik, die Hörer in einen tranceartigen Zustand der Wachheit
mit, was auch an diesem Abend wunderbar gelang.
Der
zweite Teil des Abends wurde viel kräftiger. Isang Yuns (1917-1995) "Engel
in Flammen, Memento für Orchester" fährt schwerere Geschütze auf. Auch
hier geht es um das Erinnern an menschlichen Tod, nun aber um die Selbstverbrennung
von zwanzig Studenten in Yuns Heimat Korea 1991. Aufwühlend will das Stück
an die Toten mahnen.
Den
Abschluß des Abends bildete Alphons Diepenbrocks (1862-1921) "Im großen
Schweigen, Stimmungsgedicht für Bariton und Orchester nach einem Aphorismus
von Friedrich Nitzsche". Hier gibt es keine offene Trauer, nur Fragen
und offene Enden. Jan Hendrik ROOTERING gab die Texte Nitzsches nachdenklich,
fast ertrinken sie dabei in Diepenbrocks spätromantischer Klangfülle.
Daß das nicht passierte, dafür sorgte Ulf SCHIRMER am Pult seines MÜNCHNER
RUNDFUNKORCHESTERS, und bot einmal mehr einen stimmig durchkomponierten
Abend. KS
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