Hier stimmte wohl alles, Inszenierung (Thomas ENZINGER), Bühne und Kostüme
(TOTO) und vor allem das hervorragende Rossini-Dirigat des 1. Kapellmeisters
des Hauses (man kann sich auf Zukünftiges freuen) von Lukas BEINKIRCHER,
der sich offenbar sehr mit der Musik von Rossini beschäftigt, und diese
kaum übertroffen an diesem Abend dem Publikum nahebrachte.
So
will man diese leider so selten gespielte opera buffa sehen und hören,
mit glänzenden Regie-Ideen, die die Lachmuskeln des Publikum strapazieren,
mit Spielfreudigkeit und -Laune der eingesetzten Protagonisten - somit
ein Abend der Superlative im Staatstheater am Gärtnerplatz. Die Handlung
war dieses Mal werksgerecht inszeniert, man hatte das Geschehen des Stücks
auf eine Luxusjacht des Beys von Algier gelegt, die von Sklaven unterhalten
wurde, zu denen stückgerecht die gefangenen Italiener gehörten.
So
hatte man den Geliebten der Isabella Lindoro (eine Entdeckung als höhensicherer
Rossini-Tenor - der Pole Karol KOZLOSKI) in den Heizungskeller des Schiffs,
welcher zugleich als Sauna des Beys diente, verfrachtet und der sich einer
weißen Brieftaube als Liebesbote bediente, die man durch Abschuß leider
nicht zum Einsatz kommen ließ.
Der
Abend lag zudem in den Händen von zwei vortrefflichen Singschauspielern,
die sich nicht nur als Bestinterpreten von Rossinis Musik, sondern auch
durch launiges Spiel und Ausdruck der Figuren des Librettos von Angelo
Anelli erwiesen. Sie beherrschten auch die vielverwendeten Koloraturen
des Komponisten in seinen Opern perfekt, nämlich "ladies first" Rita KAPFHAMMER
als die vom Bey begehrte Italienerin Isabella, die auf der Suche nach
ihrem Geliebten Lindoro sich infolge eines Flugzeugabsturzes durch einen
Fallschirm samt Gucci-Koffer rettete und geradezu in die Höhle des Löwen
kam ,aber durch List und Tücke ihren Geliebten und ihre Landsleute retten
konnte (letztere flohen nicht ohne die Mitnahme des Tresors der Bank von
Algier - wie treffend) und den Bey als Papatacci auf seinem Schiff zurückließ.
Vene, vidi, vici - Frau Kapfhammer kam sah und siegte an diesem Abend.
Unübertroffen ihre vom Komponisten gewollten von der Mezzohöhe in die
Tiefe gehenden Koloraturen, ihre Spielfreude, ihre Ausstrahlung.
Ihr
zur Seite der ebenfalls treffliche Ur-Komödiant Stefan SEVENICH als Bey
Mustafa, der nicht nur gleichfalls stimmsicheren Rossini-Gesang darbot,
sondern darüber hinaus auch noch humoristische Ballett-Einlagen. Stefanie
KUNSCHKE als die verlassene Ehefrau des Beys sang, spielte und "erweinte"
diese Rolle rollengerecht, ebenso Carolin NEUKAMM als deren Sklavin Zulma.
Den "Sklaventreiber" Kapitän Haly interpretierte brutal, aber in ausgezeichneter
Stimmverfassung Sebastian CAMPIONE, während Juan Fernando GUTIÈRREZ als
der unerhörte Verehrer Isabellas Taddeo sein Bestes gab.
Besonders
hervorzuheben ist der HERRENCHOR DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ, der
von Jörn Hinnerk ANDRESEN nicht nur werksgerecht einstudiert wurde, sondern
daneben sich in Eunuchen, Korsaren, Sklaven und eine italienische Fußballmannschaft
verwandelnd in die Inszenierung belustigend einfügte. Die DAMENSTATISTERIE
in Form von Haremsdamen war sehr gut gewählt.
Ein
unvergeßlicher Rossini-Abend, der dem alljährlich stattfindenden Rossini-Festival
in Pesaro schwer Konkurrenz macht. Leider konnte man nicht auf ein nicht
im Libretto stehendes betrübliches Ende des Stücks verzichten, denn die
fliehenden Italiener warfen eine Bombe auf das Bey-Schiff, das nach der
Explosion im Meer versank. Kann es nicht mal ohne Terror gehen? Sehr,
sehr schade. ISt
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