Georges
Bizets wohl berühmteste und volkstümlichste Oper mit dem Libretto von
Henri Meilhac und Ludovic Halévy nach einer Novelle von Prosper Mérimée,
eine wahre Begebenheit beinhaltend, deutsche Fassung von Walter Felsenstein,
findet im Staatstheater am Gärtnerplatz ihren festen Bestandteil im Repertoire,
zumal gerade an diesem Abend diesem Werk eine hohe Musikalität dargebracht
wurde. Hervorgerufen wurde dies durch das einfühlsame und doch temperamentvolle
Dirigat von Henrik NÁNÁSI sowie durch die Besetzung der Titelrolle durch
Rita KAPFHAMMER.
Henrik
Nánási erzeugte durch seine Stabführung schon allein bei den jeweiligen
Orchesterstücken eine ungeheure Spannung und vermochte die Todesahnung
der Carmen, die in der Komposition immer wieder anklingt, hervorragend
herauszuarbeiten, dazu zeigte er eine sehr gute Sängerbegleitung.
Rita
Kapfhammer in der Titelpartie, deren Rolleninterpretation nicht nur stimmlich
derzeit am Staatstheater am Gärtnerplatz unübertrefflich ist, hat einen
lupenreinen Mezzo mit dramatischen Zügen und kann im Vortrag färben und
daher alle Höhen und Tiefen einer Carmen-Interpretin ausloten, gerade
in den wichtigsten musikalischen Teilen wie der "Habanera" und in der
"Seguidilla", die sie in französischer Sprache sang. Daneben entsprach
sie in der Rollengestaltung ganz den Vorstellungen einer spanischen Zigeunerin,
Lebensgier gepaart mit demütiger und doch mutvoller Einstellung zum Tod
(besonders geglückt die Todesweissagung), beides konnte sie am Schluß
der Oper besonders gut herausarbeiten.
Ihr
zur Seite Adrian XHEMA als Don José, dessen italienisch gefärbter Tenor
leider immer wieder zum Forcieren neigte, gerade in der "Blumenanrie"
erkennbar, der sich aber zum Schluß, hervorgerufen wohl durch die Gestaltungsfähigkeit
seiner Partnerin enorm steigern konnte. Gregor DALAL erwies sich in der
von vielen Baßbaritonen erprobten und nicht immer geglückten Rolle des
Escamillo als Fehlbesetzung, auch in der Gestaltung dieses von allen spanischen
Frauen begehrten Stierkämpfers fehlte es ihm an Ausstrahlung.
Alle
übrigen Rollen waren ausreichend besetzt. Aus dem Ensemble des Staatstheaters
stachen hervor bei den Herren Dirk LOHR als Schmuggler Dancairo, Holger
OHLMANN als Zuniga und Daniel FIOLKA als Moralès. Der Schmuggler Remendado
wurde mit Hans KITTELMANN als Gast besetzt, der sich in die Herrenriege
ausreichend einfügte. Frasquita (Frances LUCEY) und Mercédès (Sonja LEUTWYLER)
fanden beim Publikum eine gute Aufnahme, allerdings kam das Schmugglerquartett
bei Lillas Pastia etwas ungeprobt herüber, wohl aus dem Grund, daß man
in deutscher Sprache sang. Micaela war wieder einmal Elaine ORTIZ ARANDES,
deren sonst lupenreiner Sopran an diesem Abend nicht alle Facetten ihres
großen Könnens zeigen konnte. Kündigte sich hier eine Erkältung an?
Der
Lillas Pastia war mit Oliver BODE rollengerecht besetzt, auch traten drei
gute Tänzerinnen (Bettina FRITSCHE, Elodie LAVOIGNAT und Franziska ANGERER
auf, und man spielte und sang in zeitlosen Kostümen der fünfziger Jahre
(Andrea FISSER) in einer gut sehbaren Inszenierung nach Jochen SCHÖLCH,
in der wieder einmal Leintücher eine gute Verwendung finden, um menschliche
Beziehungen auszudrücken. Merkwürdig erscheint nur, daß das Duett Micaela/Don
José im 1. Akt am Strand der Costa Dorada stattfand. Sevilla liegt geographisch
in Andalusien, nicht aber in Meeresnähe.. Zu erwähnen sei noch die sehr
gute Choreinstudierung wieder einmal von Hans-Joachim WILLRICH. Der Abend
gehörte Rita Kapfhammer. ISt
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