Regisseur
Ulrich PETERS und sein Bühnenbildner Dieter RICHTER geben gleich im ersten
Bild einen Hinweis auf die Lösung von Janáceks Opernkrimi. An der Wand
der Anwaltskanzlei hängt ein Druck eines Gemäldes von Arcimboldo, einer
der Hofmaler Rudolfs des Zweiten. Und wer ahnte zu diesem Zeitpunkt schon,
daß des Rätsels Lösung sich in so ferner Vergangenheit befindet…
Noch
befindet man sich im Jahre 1922, also vier Jahre vor der Uraufführung
der Oper. Dort mischt sich die berühmte Sängerin Emilia Marty in einen
seit langem schwelenden Erbschaftsstreit ein, und verblüfft mit Wissen
über Dinge, die über 100 Jahre zurückliegen. Ganz nebenbei bezaubert sie
die Männer; den jungen Janek so, daß er sich später aus verschmähter Liebe
das Leben nimmt. Aber die Luft wird dünner um Emilia, sucht sie doch in
der Nachlassenschaft nach den Rezept ihres Vaters Hieronymus Makropulos
für ewiges Leben, daß der auf Geheiß Rudolfs an seiner eigenen Tochter
testete; mit Erfolg, wie man jetzt feststellt. Am Schluß wird das Rezept
vernichtet, und auch Emilia kann nach 337 Jahren endlich sterben.
Peters
erzählt die Geschichte wie einen Agatha-Christie-Krimi. Gediegene Einrichtung;
elegant zurückhaltend gekleidete Herren und schön ausstaffierte Damen
(Kostüme vom Münchner Modelabel TALBOT RUNHOF) sitzen, stehen und machen
Konversation. Die Aufregung und das Ungeheuerliche überläßt er der Musik,
die unter David STAHL und seinem GÄRTNERPLATZORCHESTER wunderbar aufblüht,
mal wuchtig, mal hintergründig, ganz zwischen "Taras Bulba" und 2. Streichquartett.
Daß
dieser Ansatz trotzdem so gar nicht langweilig wird, liegt an den hervorragenden
Protagonisten, allen voran Elaine ORTIZ ARANDES als Emilia. Wie ihr der
Brückenschlag gelingt zwischen der zarten jungen betörenden Sängerin und
der Frau, die in dreihundert Jahren so viel gesehen, so viel verloren
hat, ist beeindruckend. Mit kleinen Gesten, Blicken und strahlender Stimme
füllt sie jeden Aspekt der Partie aus. Dabei ist sie eher müde, zurückhaltend,
fast schüchtern denn Femme fatale. Bei ihr ist schon früh klar, dass sie
nicht weitere dreihundert Jahre dieses Leben leben will.
Einen
würdigen "Gegenspieler" findet sie dabei im Jaroslav Prus von Gary MARTIN,
der zum einen große Souverenität, aber auch Zerbrechlichkeit zeigen kann.
Aber auch die weiteren Rollen sind gut besetzt, mit Stefan SEVENICH als
Advokat Dr. Kolenatý, Rober SELLIER als dessen Sohn, oder Thérèse WINCENT
als Christa. Fred SILLA-SILHANEK kommt bei all dem die Aufgabe zu, seinen
Hauk-Schendorf, einen alten Geliebten Emilias, als Double des alten Janácek
anzulegen. Beide scheint Peters in ihren Lieben für so verrückt zu halten,
den verheirateten Hauk in seiner zur vermeintlich soviel jüngeren Sängerin
und den ebenfalls verheirateten Janácek in der zur 38 Jahre jüngeren Kamila
Stösslová, daß er Hauk/Janácek mit der Zwangsjacke abholen lässt.
Ein
lohnender Abend, und allemal einen zweiten Besuch wert, allein schon um
zu sehen, wie Rita Kapfhammer als zweite Besetzung die Emilia gestaltet.
Das Premierenpublikum dankte mit lang anhaltendem Beifall. KS
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