Wie
schon in "Tri Sestri" verschreibt sich Peter Eötvös auch in seinem Auftragswerk
der Bayerischen Staatsoper "Die Tragödie des Teufels" einem Thema der
Weltliteratur, nämlich dem "Faust". Seine Grundlage ist dabei allerdings
nicht etwa das Volksbuch oder gar Goethe, sondern das dramatische Gedicht
"Die Tragödie des Menschen" seines Landsmannes Imre Madách. Bevor dieses
allerdings zur Oper wird, durchläuft es die Werkstatt von Albert Ostermaier,
der dem Ganzen mit seinem Libretto seinen eigenen Stempel aufdrückt.
In
zwölf Szenen erzählt Ostermaier die Geschichte. Spielball im Kampf zwischen
Luzifer (und seinen fünf Helfern) und Gott sind hier allerdings Adam und
Eva. Und Luzifer bekommt noch mehr Unterstützung, in Form von Lucy. Nach
Einführung des Personals beginnt das Spiel mit dem Apfel, Eva, die ihr
Herz verliert und der Vertreibung aus dem Paradies. Und erst in der Trostlosigkeit
der Welt kommt es zum Pakt zwischen Luzifer und Adam. Kann Adam Luzifer
eine bessere Welt zeigen, wird er erlöst. Eine Reise durch die Welt folgt,
bei der Adam immer wieder Enttäuschungen einstecken muß. Am Ende verlieren
alle. Adam tötet die schwangere Eva, und Luzifer hat trotzdem nicht gesiegt.
Auch die Rumata, vorher Mahner des Lebens und der Erde, sehen keinen Weg
mehr.
Die
Regie von Balázs KOVALIK bezieht sich völlig auf die Bühneninstallation
von Ilya und Emilia KABAKOV, ein sich ewig drehender Turm, mal steile
Treppe, besetzt mit Figuren, mal Gewölbe, wie unter einer Brücke, mal
steinerne Rundbögen, mal alles seitlich im Übergang; Steine in gebrochenem
Weiß. In den Kostümen von Amélie HAAS erscheinen Adam und Eva zunächst
in paradiesischer Nackheit, hier durch hautenge, leicht glitzernde Overalls
dargestellt. Nach der Vertreibung aber zeigen auch sie sich in den spacigen
Kostümen der anderen, die Anspielungen an Filme wie Matrix und Solaris
sind gewollt.
Eötvös'
Musik dagegen hat nichts von Space Oddity. Er hat, wie schon in den "Tri
Sestri" das Orchester verteilt auf wuchtiges Schlagwerk im Graben und
Streicher erhöht hinter Bühne, was die Streicher noch leichter, ferner
klingen läßt und Blech und Schlagzeug noch mehr betont, was eine beeindruckende
Wirkung erzielt. EÖTVÖS dirigiert vom Graben selbst, auf der Bühne leitet
Christopher WARD die Musiker des BAYERISCHEN STAATSORCHESTERs.
Topi
LEHTIPUU als Adam, Cora BURGGRAAF als Eva, Ursula HESSE VON DEN STEINEN
als Lucy, Georg NIGL als Luzifer und Julie KAUFMANN als Die Jeriko überzeugen
in ihrer Darstellung, wie auch die fünf Helfer Kevin CONNERS als Der Skleton,
Christoph POHL als Der Strugatzi, Nikolay BORCHEV als Der L, Christian
RIEGER als Der Arkanar und Wolfang BANKL als Der Boris. Die Rumata von
Elena TSALLAGOVA, Heike GRÖTZINGER und Annamária KOÁCS haben die vielleicht
schönsten Gesangslinien der Oper übertragen bekommen, was ihre Rolle in
Anlehnung an einen griechischen Chor betont.
Das
Utopische an dieser komisch-utopischen Oper ist deutlich, das Komische
schimmert nur selten durch, etwa wenn Luzifer den Telefonhörer abnimmt,
nachdem ein klassischer Handyklingelton erklingt, hier allerdings wunderbar
instrumentiert vom Orchester gespielt.
Nur
wenige Zuschauer verließen während der 95 pausenlosen Minuten den Saal,
danach allerdings war die Stimmung geteilt. Viel Stoff zum anschließenden
Diskutieren gab es allemal. KS
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