Mit
der Aufführung von Hans Krásas Brundibár konnte das Gärtnerplatztheater
gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen konnte der KINDERCHOR
des Theaters erstmals mit einer eigenen Produktion aufwarten, und zum
zweiten bot sich für die jungen Darsteller, die Chance sich ein Stück
Geschichte quasi hautnah zu erarbeiten.
Hans
Krása schrieb seine Kinderoper 1938, die daraufhin heimlich im Waisenhaus
in Prag uraufgeführt wurde. Nachdem Krása 1942 ins Konzentrationslager
Theresienstadt eingewiesen wurde, schrieb er die Partitur aus dem Gedächtnis
erneut nieder. Das Nazi-Regime erlaubte bis 1945 über fünfzig Aufführungen,
bei denen die Darsteller ständig wechselten, da immer wieder Kinder nach
Ausschwitz in die Gaskammern abtransportiert wurden. Auch Krása blieb
dieses Schicksal nicht erspart, er wurde dort 1944 ermordet.
Das
Gärtnerplatztheater ermöglichte den Kindern eine intensive Auseinandersetzung
nicht nur mit dem Werk, sondern auch und gerade mit den historischen Zusammenhängen,
bis hin zu Treffen mit Überlebenden. So war denn das Projekt auch eher
klein geplant als Werkbericht auf der Probebühne. Womit das Theater nicht
gerechnet hatte, war das überwältigende Interesse der Öffentlichkeit an
dieser Arbeit. Schnell mußte man von der Probebühne zur Vorderbühne des
großen Hauses wechseln, und beide Aufführungen waren in Windeseile ausverkauft.
Der
ursprüngliche Umfang des Unternehmens war denn auch der Grund dafür, sich
für die kleine musikalische Variante zu entscheiden, nur mit Klavier und
nicht mit Orchester. Dies tat der Qualität aber keinerlei Abbruch. Im
Gegenteil, die Kinder konnten sich voll entfalten, und Benjamin REINERS
am Flügel schaffte eine Atmosphäre, die das Orchester nicht vermissen
ließ.
Die
Geschichte von Brundibár ist schnell erzählt. Die Mutter von Aninka und
Pepicek ist krank, und der Arzt verschreibt neben Schlaf und Ruhe gute
Milch. Auf dem Markt ist Milch aber nur gegen Geld zu bekommen, das die
beiden nicht haben. Zu verkaufen haben sie nichts, aber der Leierkastenmann
Brundibár kann ja auch nur mit seiner Musik Geld verdienen. So beginnen
die beiden Kinder zu singen, aber niemand hört den beiden Stimmchen zu,
Brundibár verscheucht die Konkurrenz sogar. In der Nacht kommen Spatz,
Katze und Hund Azor zu den Kindern, um zu helfen. Denn wenn viele Kinder
singen, wird man ihnen schon zuhören. Die Tiere bitten viele weitere Kinder
um Hilfe und jagen Brundibár mit Piepsen, Kratzen und Beißen in die Flucht.
Nun finden die Kinder Gehör und verdienen genug Geld, um Milch für die
Mutter zu kaufen.
Zusammenhalten
war Krásas Boschaft an die Kinder in Theresienstadt, eine Botschaft, die
wohl immer und überall gilt. Die Begeisterung ist den Chorkindern anzusehen,
besonders denen, die eine der Hauptrollen ergattert haben, wie Johanna
KRUSCHE als Aninka, Domink NOVAK als Pepicek, Arabella WÄSCHER als Spatz,
Alicia GRÜNWALD als Katz und Lucia BOISSERÉE als Hund. Gregor DALAL in
der Titelrolle fällt es sichtlich schwer, angesichts dieser tollen Truppe
den Bösen zu geben, aber er ist Profi.
Verena
SARRÉ leitet "ihren" Chor und gibt die nötige Sicherheit für einen so
großen Aufftritt. Holger SEITZ zeichnet für die Regie verantwortlich und
die Kostüme, die die Zeit der 1940er Jahre wiederspiegeln sind von Stefan
SCHWAMBORN.
Bevor
die Oper beginnt tragen Mitglieder des JUNGEN THEATERS AM GÄRTNERPLATZ
Texte von Kindern aus Theresienstadt vor, unterbrochen von Liedern von
Ilse Weber, die ebenfalls 1944 in Ausschwitz ermordet wurde.
Schade,
daß nur zwei Aufführungen geplant sind, denn nicht nur für die mitwirkenden
Kinder war diese Aufführung etwas ganz besonderes. KS
|