SITTEN UND UNSITTEN DER LEUTE VOM THEATER

Die Oper in zwei Akten von Gaetano Donizetti nach einer Komödie von Simeone Antonio Sografi, für die deutsche Bühne bearbeitet von Horst Goerges und Karlheinz Gutheim wurde von der Regisseurin Nina KÜHNER und Sonja Westerbeck für das Staatstheater am Gärtnerplatz überarbeitet und zugeschnitten. Der Komponist, der als Theaterhase der damaligen Zeit wie kein anderer mit dem Theaterleben vertraut war, der neben ernsten Opern auch heitere schrieb, entschloß sich 1827 mit seinem Librettisten zu einer weiteren komischen Oper, in dem er das Theaterleben in heiterer Form auf die Bühne bringen wollte, und zwar in Form einer Probe der Oper "Romulus ed Ersilia". Das Theaterleben vor 200 Jahren unterscheidet sich in keinster Weise von der heutigen Bühnensituation mit seinen finanziellen Problemen, seinen Intrigen der Künstler untereinander und seinen Theaterflirts.

All das versuchte die Regisseurin wirklichkeitsgetreu auf die Bühne des Staatstheaters am Gärtnerplatz zu bringen, was wohl - manchmal allerdings etwas überzeichnet - im Großen und Ganzen gelungen ist. Donizettis Komposition enthält alle Facetten einer Opera buffa und wurde sehr gut durch die Stabführung des jungen Dirigenten Ariel ZUCKERMANN vom ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ dem Zuhörer nahegebracht. Man hatte viele Opernausschnitte in die Partitur hineingewoben, die durch Arien und Orchesterstücke dem Publikum als sog. Ohrenwürmer bekannt waren und obendrein schon dadurch zur Heiterkeit führten.

Störend wirkte nur, daß die Ouvertüre durch das Hineinreden (bei einer Probe wohl üblich) von Intendant Dr. Manfred Ulrichs (eine herrliche Studie von Johannes WIEDECKE, der eine Kopie des Staatsintendanten Dr. Ulrich Peters war) und dem Regisseur (eine ebenso geglückte Studie von Daniel FIOLKA) beeinträchtigt wurde.

Die weiteren Figuren waren herrlich gezeichnet und stimmlich hervorragend besetzt. So erlebte man eine äußerst präzise und höhensicher singende Heike Susanne DAUM als exzentrische Primadonna Corilla nebst Julian KUMPUSCH als Stefano, der diesen als Nebenfigur abgestempelten Ehemann und Agenten in stimmlicher Bestform nicht besser auf die Bühne bringen konnte. Lucia Boschi, Mama Agatas vom Intendanten zur 2. Sängerin abgestempelten Tochter, die nebenbei noch lesbische Neigungen hatte zur Mezzosopranistin des Stücks (hier Susanne HEYNG in guter Abendform) wurde von Stefanie KUNSCHKE bestens interpretiert, zumal sie auch noch das Publikum mit der so gängigen Tenorarie "Una furtiva lacrima" ergötzte.

Den popanzigen Tenor Guglielmo Antolstoinolonoff verkörperte Christoph KAYSER mit sehr guten stimmlichen Darstellungsvermögen, während Sebastian CAMPIONE als dem Dramaturgen des Stücks mit dem Künstlernamen Vincenco Biscroma als dem Intendanten hörige Krämerseele sehr gutes Aussehen verlieh. Bei einer Probe dürfen natürlich auch die gut gezeichneten Figuren einer Souffleuse (Monika HOLLEMANN), der Inspizient (Marian IORDACHE) und der Regieassistenz (Jakob SEIDL) nicht fehlen.

Die Kostüme von Claudia CASÉRA paßten gut für die Figuren, bei denen natürlich die Hauptperson des Abends besonders erwähnenswert ist, nämlich die von einem Baßbariton verkörperte Namensgeberin der Oper - Mama Agata. Stefan SEVENICH, in wie stets ausgezeichneter Stimmposition und Bühnenpräsenz und humoristischem Darstellungstalent, bringt diese Figur einer karrieresüchtigen Mutter, die am Schluß der Oper ihr eigenes Vermögen einsetzt, um eine Aufführung für ihre Tochter zu retten, so realistisch auf die Bühne, daß man ihn während des ganzen Abend als Frau erlebte, dazu kam auch noch, daß hier die Maske hervorragende Arbeit leistete. Selbst tänzerische Einlagen mit einer ausgeprägten femininen Beweglichkeit vermag dieser großartige Sänger noch auf die Bühne zu bringen. Ein Genuß, ihn in jeder Rolle, ob weiblich oder männlich, auf der Bühne zu wissen. Zu ihm kann man dem Staatstheater am Gärtnerplatz nur gratulieren.

Sehr überzeichnet und allzu realistisch erschien die Kloszene, wo die Hauptprotagonisten des Abends Heike Susanne Daum und Stefan Sevenich ihr Konkurrenzdenken auslebten. So etwas kommt sicherlich nur bei einem Teil des Publikums gut an. Der CHOR unter Jörn Hinnerk ANDRESEN war besonders im Opernteil des 2. Akts eingesetzt, er war hervorragend einstudiert und erhielt am Ende der Oper viel Beifall, der sich auch auf alle Beteiligten am Werk niederschlug. Viva la Mamma! ISt