Wenn
ein Operkomponist sich für einen Stoff für sein Werk entschieden hat,
gilt es, die passende musikalische und stimmliche Besetzung zu finden.
Benjamin Britten z. B. war ein Meister hierin. Aber auch der Komponist
dieser Festspieluraufführung Jay SCHWARTZ hat ein außergewöhnlich gutes
Händchen bei seiner Vertonung der Ovidschen Erzählung vom Jüngling Narziss,
der die Liebe der Nymphe Echo verschmäht, und damit bestraft wird, sein
eigenes unerreichbares Spiegelbild zu lieben.
Schwartz
besetzt sein Werk nur mit Countertenor, Viola, Schlagzeug und Orgel. Heraus
kommt eine atmosphärisch dichte Musik, die immer wieder den Diskurs der
Protagonisten zulässt, sei es zwischen Sänger (ein überzeugender, hoch
emotionaler Charles MAXWELL) und Bratsche (Lila BROWN als ebenbürtige
Gesprächspartnerin) oder den sich gegenüber stehenden Schlagzeugern Stefan
BLUM und Adrian SCHMID. Der Komponist selbst dirigiert, spielt die Orgel
und steht auf der Bühne, wenn Narziss zum ersten Mal sein Spiegelbild
besingt zu den sphärischen Klängen von gestrichenen Wassergläsern, ein
ebenso schlichtes wie offensichtliches Mittel. Schwartzs Liebe zur Renaissance-Musik
wird im Gesang immer wieder deutlich, in den ruhigen klaren Linien voller
Innigkeit, in lateinischer Sprache dargebracht.
Die
Aufgabe der Regie wäre es nun, diese Vorgabe und den wunderbaren Raum
der Allerheiligen Hofkirche, durch deren herrliches Rosettenfenster langsam
die Nacht hereinbricht, zu einer Geschichte zu verbinden. Regisseurin
Christiane POHLE entzieht sich dem allerdings weitgehend. Sie läßt den
Protagonisten überwiegend ihre Ruhe, verschiebt sie nur ein wenig im Raum,
und versucht derweil den Sprung des Mythos in die Gegenwart.
Schauspielerinnen
treten auf, rezitieren Texte von Marguerite Duras und Simone de Beauvoir
über vermähte, einsame Frauen, die Nymphen Echo der modernen Gesellschaft.
Sie arbeiten dabei passend in einer Blumenfarm, steril in Gewächshäusern,
hier rollende folienüberspannte Metalltürme (Ausstattung Raimund Orfeo
VOIGT), in der Produktion von, ja, Narzissen. Am Ende sterben auch sie,
wie Narziss.
Beide
Komponenten der Aufführung durchweben sich zwar, stehen aber trotzdem
merkwürdig nebeneinander, ohne eigentliche Berührung. So bleibt auch der
letzte Eindruck des Abends zwiespältig, einerseits tief berührend andererseits
etwas künstlich. KS
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