Theben
ist ein leerer trister Raum und seine Bürgerinnen und Bürger bis hin zu
den Kindern grau gekleidet (Bühne und Kostüme Johannes LEIACKER). König
Pentheus sitzt zusammengesunken auf einem Stuhl und rührt sich nicht.
So das Eingangsbild der szenischen Münchner Erstaufführung von Hans Werner
Henzes "Bassariden". Nimmt es da Wunder, daß der Fremdling, der die Freuden
des Dionysos verspricht, vom Volk mit Begeisterung aufgenommen wird?
Der
Gegensatz zwischen moralischer Strenge bis hin zu Folter und Tod und orgiastischer
Lebensbejahung ist das Thema, das Henze und seine Librettisten Chester
Kallmann und W. H. Auden herausarbeiten. Und wie so oft in der griechischen
Tragödie verlieren am Ende alle.
Christof
LOYs Regie nimmt sich auf ihre Art der Tragödientradition an. Sie fokussiert
auf die Hauptfiguren, nur einige von ihnen tragen Farbe; der Chor, das
Volk wird in seiner Masse im Raum choreographiert, mal zurückhaltend verängstigt,
mal mörderisch. Die Verbindung aus antiker Schlichtheit und modernen Kostümen
geht auf, auch da sie sich widerspiegelt in dem Kontrast zwischen kargen
Bildern und der oft rauschhaften Musik, die so umso besser wirken kann.
Aber
eine solche Konzentration auf die Hauptfiguren kann nur funktionieren,
wenn man über hervorragende Sänger-Darsteller verfügt. Und
hier konnte Loy aus dem Vollen schöpfen. So mit Michael VOLLE als Pentheus,
ganz markante Stärke, bis er im schwarzen Frauenkleid den Tod auf sich
zukommen sieht. Sein Ausdruck in Gesicht und Stimme passen zu diesem Verdammten
perfekt. Oder sein Gegenspieler Dionysos, Nikolai SCHUKOFF, der mit wenig
Gesten und hintergründigem Lächeln die Szene beherrscht, all das kostet
ihn als Gott keine Mühe. Sehr gut auch, wenn seine Stimme per Mikrophon
manchmal gottgleich aus dem Himmel zu kommen scheint.
Oder
die Agaue von Gabriele SCHNAUT. Erst starre Mutter Pentheus', dann neckische
Venus im Intermezzo, und am Schluß verstörte Mörderin. Oder Hanna SCHWARZ
als Amme Beroe, meist unauffällige Allpräsenz, dann wütende Kämpferin
für ihre Ziehkinder. Man kann und muß die Reihe fortsetzen mit dem Kadmos
von Sami LUTTINEN, Reiner GOLDBERGs tuntigem Teiresias, Christian RIEGERs
Hauptmann und genußvollem Adonis und auch Eir INDERHAUG als kleine Schwester
Agaues Autonoe. Sie alle umrahmt vom wunderbar einstudierten CHOR DER
BAYERISCHEN STAATSOPER (Andrés MÁSPERO).
Und
als ob dies nicht schon Genuß genug wäre, leitet Marc ALBRECHT die große
Besetzung des BAYERISCHEN STAATSORCHESTERs durch die Ausbrüche genauso
gefühlvoll, wie durch die kleinen leisen Momente der knapp zweieinhalb
pausenlosen Stunden. Auch der Komponist scheint mit diesem Zusammenspiel
glücklich zu sein, war er doch an diesem Abend bereits zum zweiten Mal
in der Aufführung. Und so wurde auch ihm die stürmische Begeisterung des
Publikums zuteil. KS
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