Die
Handlung der Oper nach der Vorlage von Schillers "Räubern" wurde von Thomas
WÜNSCH, dem die Inszenierung oblag, in eine Metropole des Jahres 2056
- ein Irgendwo mit umgeknickter Freiheitsstatue Amerikas - verlegt, die
sich den ganzen Abend auf der Bühne befand, um den Freiheitsgedanken möglichst
verständlich herauszubringen. Da der Komponist sich während seines Lebens
immer wieder mit Politik beschäftigt, sogar der italienischen Freiheitsbewegung,
dem Il risorgimento angehörte, ja selbst Parlamentsabgeordneter war, erschien
es gar nicht abwegig, daß sich Verdi diesen Stoff herausgriff und mit
den Texten von Andrea Maffei, ganz an das schiller'sche Drama angelehnt,
eine Oper schrieb, die voller herrlicher Arien und Duette sowie großartigen
Chorszenen nur so strotz und leider so selten aufgeführt wird. Für diese
Tat ist der neuen Intendanz des Staatstheaters am Gärtnerplatz zu danken,
die sich nicht scheute (völlig ungewohnt), das Werk in der Originalsprache
aufzuführen. Zur Verständlichkeit des Textes läuft ein Spruchband in deutscher
Sprache mit.
Schon
in der Ouvertüre, während derer sich Flüchtlinge vor Terror und Gewalt
auf der Bühne befanden, war man fasziniert von der kommenden Dramatik
der Musik. Der Schrei einer Frau (leider im Programmheft nicht aufgeführt)
nach einem auf der Flucht verloren gegangenen oder getöteten Antonio klang
schaurig durchs Haus und erzeugte Gänsehaut. Und diese Gänsehaut verlor
man nicht während des ganzen Abends, da nicht nur das Orchester des Staatstheaters
am Gärtnerplatz durch die gekonnte einfühlende Stabführung von Henrik
NÁNÁSI die volle Klangfülle einer Verdi-Oper erbrachte, sondern vor allen
Dingen der Räuber-CHOR eine darstellerische und gesangliche Höchstleistung
erbrachte (Einstudierung Hans-Joachim WILLRICH), in die sich EXTRACHOR
und STATISTERIE gut integrierten.
Wahre
Außenseiter mit terroristischer Gewalt und Brutalität in Bestinterpretation
standen da auf der Bühne, deren Anführer, selbst Außenseiter unter Außenseitern,
Carlo (Harrie VAN DER PLAS mit guter tenoraler Höhe in seinen Arien )
sich schwer in diesen Kreis einfügen konnte. Die weiteren Figuren nach
Friedrich Schiller und Andrea Maffei wurden vom Komponisten ebenfalls
mit Arien ausgestattet, in denen sie ihre stimmliche Disposition voll
zur Geltung bringen konnten. Sandra MOON als Amelia war nicht nur im Stück
der am Schluß getötete Engel des Abends. Ihr mit viel Farbe und piani
ausgestatteter Sopran machte ihre Partie zum Höhepunkt des Abends, sie
konnte bereits in ihrer Auftrittsarie voll überzeugen.
Dem
Bariton Gregor DALAL als Francesco fehlte in der Darstellung seiner Rolle
das Intrigante, er konnte auch nicht in seiner Reue-Arie am Schluß überzeugen.
Zu viel hineingesungene piani-Stellen hinderten ihn wohl daran. Der unglückliche
Massimiliano Conte di Moor (im Rollstuhl) wurde vom Bassisten Jörg SIMON
überzeugend interpretiert. Alle weiteren Partien , vor allen Dingen der
Arminio von Tilmann UNGER, waren rollen- und stimmgerecht besetzt, so
auch Christian HÜBNER als Moser und Mario PODRECNIK als Rolla.
Bei
dieser Inszenierung stimmt alles -Regie-Ideen sowie Bühne und Kostüme
(Heiko MÖNNICH), und man kann nur hoffen, daß die neue Intendanz unseres
Gärtnertheaters hier mehr so Gelungenes in die künftigen Spielpläne bringt.
ISt
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