Mit
roter Tapetenwand im Hintergrund, umringt mit Jugendstilmotiven und drei
Treppen mit dem gewohnten Rollvorhang "Roma um 1800"im Vordergrund zur
Einführung ins Werk - sowie zwei Stühle im 2. Akt ermöglichte die Bayerische
Staatsoper dem streikgewohnten Münchner Opernpublikum eine unvergeßliche
Aufführung dieses glänzend durchkomponierten veristischen Liebesdramas
von Giacomo Puccini. Den Sängern in Abendkleid und Frack wurde dadurch
das Agieren ermöglicht, sie konnten ihre Rollen auch mit diesem kargen
Hintergrund voll ausleben.
In
der Titelpartie hörte man Norma FANTINI, ihr ausdrucksstarker Sopran konnte
sich in der Partie der unglücklich liebenden Sängerin voll entfalten,
ihr "Vissi d'arte, vissi d'amore" entsprach ganz dem Kompositionsgedanken
Puccinis. Ihr zur Seite der für den erkrankten Zoran Todorovich einspringende
Fabio ARMILIATO, der den Cavaradossi ganz ordentlich sang und darstellerisch
perfekt darbot, ganz mühelos klangen seine Tenorhöhen allerdings nicht.
Wieder
einmal - leider viel zu selten und in dieser Spielzeit nur dieses eine
mal - konnten wir Lado ATANELI als Scarpia erleben, sensationell verkörperte
der georgische Bariton diese Bösewicht-Partie. In der Gestaltung, gerade
beim "Te deum" lebte er in Stimme und Gestik die Erwartung einer Luststunde
mit Tosca voll aus, und zeigte im 2. Akt deutlich mehr die Verruchtheit
und Bösartigkeit dieses römischen Emporkömmlings, der glaubt, damit alles
erreichen zu können. Ein Teufel im Frack. Jeder Note vermag er sein eigenes
stimmliches baritonales Volumen zu geben. Nach Tito Gobbi dürfte Herr
Ataneli wohl der beste Scarpia-Interpret der derzeitigen Opernbühne sein.
Die
Leistungen der Hauptprotagonisten riß die übrigen Rollendarsteller voll
mit. Alfred KUHN als Mesner zeigte wie immer in dieser Studie voll sein
schauspielerisches und stimmliches Können, Steven HUMES (Angelotti), Ulrich
RESS (Spoletta), Rüdiger TREBES (Sciarrone), Gerhard AUER (Gefängniswärter)
und Francesco PETROZZI (Kurier) fügten sich bestens in dieses Weltklasseensemble
ein, die Stimme eines Hirten von Jana KURUCZOVÁ erklang abendgerecht,
ebenso rundete sich der 1. Akt mit CHOR UND KINDERCHOR DER BAYERISCHEN
STAATSOPER unter Andrés MÁSPERO musikalisch gut ab.
Dirigiert
wurde der Abend von Vjekoslav SUTEJ, dem eine sehr gute Abendleistung
gelang, ganz dem veristischen Gedanken Puccinis entsprechend. Erfüllt
und zufrieden ging man nach Hause.
Trotz
den immer wieder erfindungsreichen Einfällen der Bayerischen Staatsoper,
einen Streikopernabend zu retten, wünscht man sich endlich ein Ende dieser
Misere. Hat denn die Politik nicht endlich ein Einsehen, den so wenig
verdienenden Bühnenarbeitern ein wenig mehr Sold zu geben, damit unsere
Kulturstadt mit Weltruf nicht gänzlich im Boden versinkt? Irene Stenzel
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