An
der Gruselgeschichte über die Geschwister Usher von Edgar Allan Poe hat
sich schon Claude Debussy versucht, konnte aber seine Oper nie vollenden.
In den späten 1980ern nahm sich dann der amerikanische Minimalist Philipp
Glass der Erzählung an, und er vollendete seine Kammeroper.
Glass'
Musik mit ihren kleinteiligen schnell aufeinander folgenden Flächen bilden
die Grundstimmung der Geschichte genau ab. Dabei läßt der Komponist der
Musik viel Raum. Über weite Strecken wird nicht gesungen, und Madeline
hat überhaupt nur Vokalisen, ist nur todkrank oder Schatten der Erinnerung.
In typisch Poe'scher Manier prägen Angst und Unheil das Stück über das
Haus Usher, in dem die Geschwister Roderick und Madeline als letzte ihrer
Familie ihr Dasein fristen; sie rätselhaft krank, und beide in eine merkwürdige,
beinahe inzestuöse Beziehung verflochten. Gleich zu Beginn der Oper hört
man Rodericks Brief an seinen Schulfreund William, den er bittet zu kommen.
William ist schockiert vom Anblick der Hausbewohner, kann aber nicht eingreifen.
Die Geschwister sterben, nur William rettet sich in einer schaurigen Nacht
aus dem Haus, bevor es zusammenstürzt.
Großes
Lob gebührt in dieser Produktion der Regisseurin Sarah SCHLEY. Sie versteht
es wunderbar und mit wenigen Mitteln, die Musikpassagen zu bebildern aber
darüber die Personen immer im Mittelpunkt des Blickes zu halten. Schon
das Haus als schwarzer Giebel aus Stoff, hinter dem auch das Orchester
seinen Platz hat (Bühne: Peter SCHULTZE). Da bedarf es dann nur noch weniger
Versatzstücke als Möblierung, aber die Bedrohung durch das Gebäude ist
innen wie außen präsent, die ganze Zeit, bis die Stoffbahnen am Ende in
sich zusammen fallen. Manchmal schaut man durch den Stoff auf das Orchester
und "heimliche" Szenen dahinter; sieht dort wie William Dinge, die man
nicht sehen sollte. Manchmal ist die Fläche aber auch Leinwand für sorgfältig
produzierte Videosequenzen, die eine noch größere Dichte ermöglichen.
Das
Make-up der Figuren erinnert an Stummfilme, so die dem Untergang geweihten
Hausbewohner mit ihren weiß geschminkten Gesichtern und dunklen Augenringen.
Auch andere Stilmittel scheinen dort entlehnt zu sein, wenn z. B. William
einen Blick auf das von Roderick gemalte Bild wirft, so sehen wir nur
dessen theatralische Reaktion, nicht aber das Bild selbst. Was könnte
eindrucksvoller sein. Die Kunst liegt im Verschweigen, in der Phantasie
der Zuschauer.
Die
Besetzung ist mit großer Genauigkeit am Werk, und wo vielleicht die eine
oder andere Stimme an ihre Grenzen stößt, macht das präzise Spiel das
alles wieder wett. So begeistern, trotz angesagter Halsprobleme, Martin
DANES als William, Ruby HUGHES als Madeline, Conrad HOFER als skurriler
Diener, Anton LEISS-HUBER als Roderick und als sprechender Ersatz Produktionsassistent
Daniel REINHARD als Arzt.
Die
Initiative zu dieser Produktion ging vom neu gegründeten ORCHESTER JAKOBSPLATZ
aus, die unter ihrem jungen Dirigenten David GROSSMANN gleich mit diesem
ersten Wurf überzeugen konnten. Die Inszenierung ist bereits eine Wiederaufnahme
aus dem vergangenen Sommer und findet hoffentlich noch viele Freunde.
KS
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