Kinderopern
haben eine lange Tradition. Für die Zeit zwischen Kindheit und Erwachsensein
allerdings sieht es schon viel spärlicher aus. Wie bringt man die vierzehn-
bis zwanzigjährigen zur Oper? Auf dieses Terrain wagten sich nun der Komponist
Volker Nickel und sein Librettist Peer Boysen mit ihrer Uraufführung am
Münchner Theater der Jugend.
Man
entschied sich für den zeitlosen Stoff des Orpheus-Mythos, schon so oft
erzählt, aber auch für Jugendliche? Um es gleich vorweg zu nehmen. Nickel
und BOYSEN, der auch Regie führte, haben leider Schiffbruch erlitten.
Dabei ist Boysens Regie eindringlich und durchdacht, wie man es von ihm
kennt. Schon die Bühne in Gestalt eines Schiffsdecks, zum Bug hin ansteigend,
in der Mitte mit Mast, in dessen Ausguck der Dirigent das Geschehen leitet
und am Heck den von einem roten Vorhang verdeckten Hades schafft durch
die Sitzblöcke der Zuschauer hindurch eine dichte Atmosphäre.
Und
neben dem Bug zu beiden Seiten riesige bewegliche Figuren zwischen afrikanischem
Voodoo und Außerirdischen tun ein Übriges. Die handelnden Personen sind
androgyn in weiße und schwarze Papierkleider mit Korsagen gehüllt, eine
Wirkung, die verstärkt wird durch die Besetzung mit zwei Sängern, einem
Mezzo (Gabriela KÜNZLER) und einem Countertenor (Nicholas HARIADES). Nur
Eurydike erreicht nach ihrem Tod den Hades im roten Unterkleid. Zudem
sind alle Figuren weiß getüncht, eine Geste zwischen afrikanischer Bemalung
und antiken Gipsfiguren.
Soweit
so gut. Aber wo sich die Geschichte sinnlich und spannend für Jugendliche
entfalten sollte, da bricht es weg. Ein Erzähler muß die Fabel erzählen,
und selbst dann sollte man die Geschichte bereits kennen, um dem, was
die fünf Schauspieler deklamieren, und die beiden Sänger in vielerlei
Sprachen bekunden, folgen zu können. Ist die Geschichte unbekannt, weiß
man am Ende nicht viel mehr davon und ist kaum gefangen genommen von der
Tragik der Geschichte.
Nickels
Musik ist trotz der hervorragenden Darbietung des MÜNCHENER KAMMERORCHESTERs
unter seinem Chef Christoph POPPEN seltsam blutleer. Die Streicher bemühen
oft Glissandi für den steten Abstieg der Reise und selbst das variantenreiche
Schlagzeug (Thomas HASTREITER) bringt die Geschichte nicht auf den Punkt.
Die vereinzelten Zugeständnisse an eingängige Populärmusik wirken aufgesetzt
und als Fremdkörper.
Man
wird am Ende den Verdacht nicht los, daß eine phantasievolle Gluck-Inszenierung
zugänglicher für das Zielpublikum gewesen wäre. Schade, denn dass ein
Einstieg in die Oper auch gerade für Jugendliche wichtig wäre steht außer
Frage. KS
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