Eigentlich
hätte es ein düsterer Nachmittag werden müssen, trotz der strahlenden
Herbstsonne über München. Denn was ist anderes zu erwarten von einem Programm,
das sich mit dem Zeitalter der Angst und den Sieben Todsünden befaßt.
Aber
gar nicht. Denn beide Komponisten des ersten "Vorhang Auf!"-Konzertes
der Saison haben etwas zwischen Augenzwinkern und Lebensfreude bei aller
Düsternis. Leonard Bernstein nahm sich zwischen 1947 und 1949 dem eher
düsteren Text des englischen Dichters W. H. Auden an, in dem sich vier
Menschen während des Krieges in einer Bar begegnen, die Nacht redend und
trinkend verbringen, aber letztlich allein bleiben. In Bernsteins 2. Symphonie
gibt es diese Momente von Tiefe und Einsamkeit, trotzdem sind die Augenblicke,
die dem Hörer bleiben, die Masque, die von spielerischen Jazz-Elementen
und dem Solo-Klavier (Fritz SCHWINGHAMMER) dominiert wird, und der Epilogue,
der von einem überbordendem Optimismus getragen wird, ohne in Jubel zu
verfallen. Fast könnte man es Gottvertrauen nennen. Lawrence FOSTER und
das MÜNCHNER RUNDFUNKORCHESTER ließen sich auf diese Lesart ein und behielten
den leichten und doch nicht leichten Ton auch nach der Pause bei.
Denn
den braucht es für Kurt Weills "Sieben Todsünden", die immer auch von
einem Augenzwinkern begleitet werden, das Bertolt Brecht in seinem Text
fordert. Die weibliche Stimme der Anna wurde an diesem Nachmittag von
MÍSIA, der portugiesischen Fado-Sängerin, gestaltet. Und die hatte mit
gleich zwei Widrigkeiten zu kämpfen. Zum einen ist ihr die deutsche Sprache
offensichtlich fremd, so daß ein Schwelgen im Brechtschen Text nicht möglich
war, sondern eher ein bemühtes Hersagen entstand. Und zum zweiten hat
sie zwar eine wunderbare Stimme, in ihrer Rauheit gerade auch für dieses
Stück, aber leider fehlt ihr die nötige Höhe, was zu sicht- und hörbarer
Anstrengung führte. Was für eine wunderbare Sängerin sie ist, wenn sie
das tut, was ihre musikalische Heimat ist, bewies die Zugabe. Innig, leidenschaftlich,
stimmlich perfekt machte sie neugierig auf die Musik des Fado. Ihr zur
Seite als kommentierende Familie stand das Ensemble AMARCORD aus Leipzig.
Die wiederum waren perfekt besetzt. Die ehemaligen Thomaner sangen punktgenau
und spritzig und ernteten manchen Lacher.
Ein
stimmiges Konzept, das diese Reihe einmal mehr bestätigt. KS
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