„DIE SCHÖNE HELENA“ (konzertant) - 16. Januar 2005

Mit „La belle Hélène“ karikierte Offenbach wieder – wie schon bei „Orphée aux enfers“ – die Pariser Gesellschaft in Gestalt ehrwürdiger Griechen: Bei der Uraufführung am 17. Dezember 1864 im Théâtre des Variétés amüsierten sich die Pariser köstlich über Helena (= Kaiserin Eugénie), den braven, jedoch etwas einfältigen Monarchen Menelaos (= Kaiser Napoléon III.), Orest (= sich langweilender Berufssohn der Jeunesse dorée), Ajaxe und Achilles (= großmäulige, aber geistig mediokre Militärs), Kalchas (= korrupt-intriganter Geistlicher).

Auch heute ließe sich noch so manche Attitüde und die eine oder andere Sentenz leicht auf derzeitige gesellschaftliche Zustände ummünzen. Allerdings geht manches leider auch verloren, wenn die Szene fehlt. Denn man hatte als Zuschauer zunächst schon etwas Mühe, bei den vielen befrackten Herren jeweils zu unterscheiden, ob nun gerade Achilles, Agamemnon, Ajax I oder II oder Paris sprach und sang. Gesungen und gesprochen wurde deutsch, was dem Verständnis der diversen kleinen Spitzen sehr zuträglich war, wenn auch mit Einschränkung mangels ausreichender Sprachkenntnisse einiger Protagonisten.

Ruxandra DONOSE war eine wunderbar dunkel-verführerische Helena, wenn auch nicht immer sehr verständlich. Der zweite Mezzo, Susann VÈGH als Orest, hatte es da schon sehr schwer, gegen soviel Glut und Geschmeidigkeit anzukommen.

Bei den Herren ragte William JOYNER als heldisch timbrierter Paris hervor, der mit Schmelz um die Gunst seiner Angebeten warb und die arrogante Aristokratenclique mit der naiven Unverfrorenheit des Hirten mehrfach düpierte. Ein komödiantischer Lichtpunkt war der wienerische Menelaos von Heinz ZEDNIK: ein bisserl vertrottelt, ein bisserl abgehoben, aber sich immer seiner königlichen Stellung bewußt – und leider völlig unwissend gegenüber den amourösen Umtrieben seiner holden Gattin.

Ein weiterer Glücksfall: Michael KUPFER als intrigant-korrupter Kalchas. Wie er auch ohne Kostüm und Maske seine Netze spannte und die Fäden zog, das würde so manchem umtriebigen heutigen Politiker alle Ehre machen.

Und über allem thronte, tanzte, schwebte Marcello VIOTTI mit dem großartigen MÜNCHNER RUNDFUNKORCHESTER. Sie kosteten die vielen kleinen musikalischen Bosheiten und Apercus der Couplets aus, schwelgten in den lyrischen Passagen und stürzten sich mit Lust und Vehemenz in Märsche und Tänze.

Begeisterter Jubel und Akklamationen in der fast ausverkauften Philharmonie. So schön kann die leichte Muse sein, wenn sie von Könnern zelebriert wird. Jakobine Kempkens