Mit
„La belle Hélène“ karikierte Offenbach wieder – wie schon bei „Orphée
aux enfers“ – die Pariser Gesellschaft in Gestalt ehrwürdiger Griechen:
Bei der Uraufführung am 17. Dezember 1864 im Théâtre des Variétés amüsierten
sich die Pariser köstlich über Helena (= Kaiserin Eugénie), den braven,
jedoch etwas einfältigen Monarchen Menelaos (= Kaiser Napoléon III.),
Orest (= sich langweilender Berufssohn der Jeunesse dorée), Ajaxe und
Achilles (= großmäulige, aber geistig mediokre Militärs), Kalchas (= korrupt-intriganter
Geistlicher).
Auch
heute ließe sich noch so manche Attitüde und die eine oder andere Sentenz
leicht auf derzeitige gesellschaftliche Zustände ummünzen. Allerdings
geht manches leider auch verloren, wenn die Szene fehlt. Denn man hatte
als Zuschauer zunächst schon etwas Mühe, bei den vielen befrackten Herren
jeweils zu unterscheiden, ob nun gerade Achilles, Agamemnon, Ajax I oder
II oder Paris sprach und sang. Gesungen und gesprochen wurde deutsch,
was dem Verständnis der diversen kleinen Spitzen sehr zuträglich war,
wenn auch mit Einschränkung mangels ausreichender Sprachkenntnisse einiger
Protagonisten.
Ruxandra
DONOSE war eine wunderbar dunkel-verführerische Helena, wenn auch nicht
immer sehr verständlich. Der zweite Mezzo, Susann VÈGH als Orest, hatte
es da schon sehr schwer, gegen soviel Glut und Geschmeidigkeit anzukommen.
Bei
den Herren ragte William JOYNER als heldisch timbrierter Paris hervor,
der mit Schmelz um die Gunst seiner Angebeten warb und die arrogante Aristokratenclique
mit der naiven Unverfrorenheit des Hirten mehrfach düpierte. Ein komödiantischer
Lichtpunkt war der wienerische Menelaos von Heinz ZEDNIK: ein bisserl
vertrottelt, ein bisserl abgehoben, aber sich immer seiner königlichen
Stellung bewußt – und leider völlig unwissend gegenüber den amourösen
Umtrieben seiner holden Gattin.
Ein
weiterer Glücksfall: Michael KUPFER als intrigant-korrupter Kalchas. Wie
er auch ohne Kostüm und Maske seine Netze spannte und die Fäden zog, das
würde so manchem umtriebigen heutigen Politiker alle Ehre machen.
Und
über allem thronte, tanzte, schwebte Marcello VIOTTI mit dem großartigen
MÜNCHNER RUNDFUNKORCHESTER. Sie kosteten die vielen kleinen musikalischen
Bosheiten und Apercus der Couplets aus, schwelgten in den lyrischen Passagen
und stürzten sich mit Lust und Vehemenz in Märsche und Tänze.
Begeisterter
Jubel und Akklamationen in der fast ausverkauften Philharmonie. So schön
kann die leichte Muse sein, wenn sie von Könnern zelebriert wird. Jakobine
Kempkens
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