Heuer
begehen Bayern und besonders die Landeshauptstadt den 100. Geburtstag
von Karl Amadeus Hartmann, der sich durch die Gründung der Musica Viva
Konzerte nach dem Krieg große Verdienste um die zeitgenössische Musik
gemacht hatte, indem diese einen festen Platz im Musikleben der Stadt
bekam und bis heute hat.
Die
Musikhochschule beteiligt sich mit einer Hartmann-Nacht und einer Produktion
des „Wachsfigurenkabinetts“. Hartmann hatte diese fünf Mini-Opern Ende
der zwanziger Jahre begonnen, aber eine geplante Aufführung kam nie zustande.
Erst 1988, Jahre nach Hartmanns Tod, nahmen sich Hans Werner Henze, Günter
Bialas und Wilfried Hiller der zum Teil unvollendeten Werke an, vervollständigten
sie und brachten sie bei der Musiktheater-Biennale heraus.
Die
Kleinst-Opern sind ganz im Stil der Zeitopern gehalten. Witzige Begebenheiten
treffen auf aktuelle Ereignisse und die Musikeinflüsse von Jazz bis Tanzmusik.
Eine Besetzung mit Klavier, Schlagzeug und Bläsern trägt dem Rechnung.
Alles ist mit leichter Hand konzipiert. Manchmal fast zu leicht. So will
in den ersten beiden Opern nur schwer Stimmung aufkommen.
In
„Der Mann, der vom Tode auferstand“ träumt ein reicher Fabrikbesitzer
vom Aufstand seiner Arbeiter, den er plastisch erlebt. Der Mann sitzt
im Sessel, um ihn herum der Aufstand, bis er erschreckt erwacht. Dies
dauert wenige Minuten, und bis man sich auf die Szene eingestellt hat,
ist schon alles vorbei.
Im
zweiten Stück „Leben und Sterben des heiligen Teufels“ geht es um Rasputin
und seine Macht in Russland, der durch mehrere Attentatversuche ein Ende
gemacht werden soll. Schließlich gelingt es. Ein solch riesiges historisches
Thema in fünfzehn Minuten zu pressen, muß scheitern.
Ein
wahres Kleinod dagegen „Fürwahr…?!“. Die kurze pointierte Geschichte von
den zwei betrunkenen Männern, die des Nachts beide in dasselbe Haus wollen,
und beide behaupten, dort zu wohnen, ist köstlich. Hier trumpft auch die
in allen Stücken sehr feinfühlige Regie von Stefan SPIES richtig auf.
Auf der Bühne ein mannshohes Schlüsselloch und zwei rotwangige Herren
mit Riesenschlüsseln (Bühne: Stefan STAUB). Wenn dann die Protagonisten
nicht nur mit Verve singen, sondern auch noch eine solch tänzerische Körperbeherrschung
haben wie Jie MEI, ist der Spaß komplett.
Ebenfalls
sehr amüsant ist die Geschichte der „Witwe von Ephesus“. Ein gerade Gehängter
(Mariano SPAGNOLO) beklagt, daß er sterben muß, und eine trauernde Witwe
(Yuni CHUNG) beklagt, daß sie leben muß, da sie ja nun ohne Mann ist.
Beiden wird geholfen, indem sie einfach den toten Ehemann an den Galgen
hängen und gemeinsam flüchten. Skurril und in witzigen Bildern erzählt
wie hier, ein heiterer Genuß.
Und
zuletzt ein Stück, das am meisten zeitgebunden ist, aber leider auch am
aktuellsten. In „Charlie – Ford – Trott“ wird ein Bild der amerikanischen
Gesellschaft zwischen arm und reich gezeichnet. Zwischen Chaplin, der
in seinen Filmen die Armen zeigt, und dem Automogul Henry Ford, der die
Gegenseite repräsentiert. Oh, reicher Millionär, gib mir einen Penny her….
Bei
allen Produktionen fallen besonders die phantasievollen Kostüme von Bernadette
LEHNER ins Auge, die das Bild jeweils wunderbar abrunden.
Diese
Hochschulproduktion unter der musikalischen Leitung von Philipp VOGLER
und mit dem hochschuleigenen JUNGEN ENSEMBLE MÜNCHEN bietet eineinhalb
Stunden Erinnerung an einen großen Münchner Komponisten und gute Unterhaltung
zugleich. KS
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