„WACHSFIGURENKABINETT“- 3. Februar 2005

Heuer begehen Bayern und besonders die Landeshauptstadt den 100. Geburtstag von Karl Amadeus Hartmann, der sich durch die Gründung der Musica Viva Konzerte nach dem Krieg große Verdienste um die zeitgenössische Musik gemacht hatte, indem diese einen festen Platz im Musikleben der Stadt bekam und bis heute hat.

Die Musikhochschule beteiligt sich mit einer Hartmann-Nacht und einer Produktion des „Wachsfigurenkabinetts“. Hartmann hatte diese fünf Mini-Opern Ende der zwanziger Jahre begonnen, aber eine geplante Aufführung kam nie zustande. Erst 1988, Jahre nach Hartmanns Tod, nahmen sich Hans Werner Henze, Günter Bialas und Wilfried Hiller der zum Teil unvollendeten Werke an, vervollständigten sie und brachten sie bei der Musiktheater-Biennale heraus.

Die Kleinst-Opern sind ganz im Stil der Zeitopern gehalten. Witzige Begebenheiten treffen auf aktuelle Ereignisse und die Musikeinflüsse von Jazz bis Tanzmusik. Eine Besetzung mit Klavier, Schlagzeug und Bläsern trägt dem Rechnung. Alles ist mit leichter Hand konzipiert. Manchmal fast zu leicht. So will in den ersten beiden Opern nur schwer Stimmung aufkommen.

In „Der Mann, der vom Tode auferstand“ träumt ein reicher Fabrikbesitzer vom Aufstand seiner Arbeiter, den er plastisch erlebt. Der Mann sitzt im Sessel, um ihn herum der Aufstand, bis er erschreckt erwacht. Dies dauert wenige Minuten, und bis man sich auf die Szene eingestellt hat, ist schon alles vorbei.

Im zweiten Stück „Leben und Sterben des heiligen Teufels“ geht es um Rasputin und seine Macht in Russland, der durch mehrere Attentatversuche ein Ende gemacht werden soll. Schließlich gelingt es. Ein solch riesiges historisches Thema in fünfzehn Minuten zu pressen, muß scheitern.

Ein wahres Kleinod dagegen „Fürwahr…?!“. Die kurze pointierte Geschichte von den zwei betrunkenen Männern, die des Nachts beide in dasselbe Haus wollen, und beide behaupten, dort zu wohnen, ist köstlich. Hier trumpft auch die in allen Stücken sehr feinfühlige Regie von Stefan SPIES richtig auf. Auf der Bühne ein mannshohes Schlüsselloch und zwei rotwangige Herren mit Riesenschlüsseln (Bühne: Stefan STAUB). Wenn dann die Protagonisten nicht nur mit Verve singen, sondern auch noch eine solch tänzerische Körperbeherrschung haben wie Jie MEI, ist der Spaß komplett.

Ebenfalls sehr amüsant ist die Geschichte der „Witwe von Ephesus“. Ein gerade Gehängter (Mariano SPAGNOLO) beklagt, daß er sterben muß, und eine trauernde Witwe (Yuni CHUNG) beklagt, daß sie leben muß, da sie ja nun ohne Mann ist. Beiden wird geholfen, indem sie einfach den toten Ehemann an den Galgen hängen und gemeinsam flüchten. Skurril und in witzigen Bildern erzählt wie hier, ein heiterer Genuß.

Und zuletzt ein Stück, das am meisten zeitgebunden ist, aber leider auch am aktuellsten. In „Charlie – Ford – Trott“ wird ein Bild der amerikanischen Gesellschaft zwischen arm und reich gezeichnet. Zwischen Chaplin, der in seinen Filmen die Armen zeigt, und dem Automogul Henry Ford, der die Gegenseite repräsentiert. Oh, reicher Millionär, gib mir einen Penny her….

Bei allen Produktionen fallen besonders die phantasievollen Kostüme von Bernadette LEHNER ins Auge, die das Bild jeweils wunderbar abrunden.

Diese Hochschulproduktion unter der musikalischen Leitung von Philipp VOGLER und mit dem hochschuleigenen JUNGEN ENSEMBLE MÜNCHEN bietet eineinhalb Stunden Erinnerung an einen großen Münchner Komponisten und gute Unterhaltung zugleich. KS