Wenn
sie den Preis für das beste Saison-Programm nicht vor kurzem bereits erhalten
hätten, sie müßten ihn jetzt bekommen. Beim ersten Konzert ihrer „Italienischen
Saison“ hat das MÜNCHENER KAMMERORCHESTER unter ihrem Chefdirigenten Christoph
POPPEN gezeigt, mit welcher Tiefe man Konzertprogramme gestalten kann.
Und leicht machte man es den Zuhörern nicht, aber genießen durfte man
trotzdem. Denn mit einem Giacinto Scelsi das Programm zu beginnen und
vor der Pause gar noch einen weiteren zu bringen, dazu gehört Mut und
großes Vertrauen in die Abonnenten. Der italienische Adelige, der einige
Zeit in der Nervenheilanstalt verbrachte und der Musiker engagierte, die
seine mitgeschnittenen Improvisationen zu Papier brachten, ist selbst
für das geschulte Ohr nicht immer einfach. Sowohl sein „Natura Renovatur“
für 11 Streicher von 1967 wie auch sein „O-HO-I“ für 16 Streicher von
1966 bieten kaum Gelegenheit, die vorgezeichneten Linien zu verfolgen.
Dazwischen
allerdings fand man Morgengrauen und Sonnenuntergang vor, die zum reinen
Genuß wurden. „Alba (Morgengrauen) für Mezzosopran und Orchester“ des
siebzehnjährigen Bruno Maderna zeigt die erstaunliche Tiefe eines jungen
Mannes um diesen Text zwischen Tod und Erwachen. Monica GROOP gestaltete
das Material mit der stimmlichen Klarheit eine kalten Morgens und der
Weichheit des versöhnlichen Endes, wenn der Tag wieder einmal gesiegt
hat. Dabei nimmt sie Musik und Text unbedingt ernst, was die Eindringlichkeit
erst hervorhebt. Und gleiches gelang ihr auch bei „Il Tramanto“ (Sonnenuntergang)
von Ottorino Respighi. Dieses sehr romantische Gedicht nach Percy Bysshe
Shelley fand in ihr eine liebevolle, gewinnende Interpretin. Hiernach
möchte man Frau Groop doch öfter in München hören, als das zu Zeit der
Fall ist.
Nach
der Pause gab es „Liturgia für Streichorchester“ von Frank Michael Beyer.
Dies war der einzige Punkt an diesem Abend, dessen Sinn sich nicht erschloß.
Es ehrt das Kammerorchester, sich vehement für die Musik lebender Komponisten
einzusetzen, aber hier zerbrach das Konzept des Abends, und das Stück
wurde zum Störfaktor. Schade.
Den
krönenden Abschluss brachte dann ein Russe, nämlich Piotr Tschaikowsky
mit seinem „Souvenir de Florence“. Obwohl Tschaikowsky hier russischer
klingt als in vielen anderen Werken, es wird viel getanzt in Florenz,
aber eben russisch, brachte das Werk einen lebendigen Schlußpunkt in dieses
erste Konzert der Saison und machte neugierig auf die weiteren Programme.
KS
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