1863
in einer Männer-WG in St. Petersburg. Die Lieblingslektüre der Bewohner
ist der gerade erschienene blutrünstig schwüle Roman „Salammbô“ von Gustave
Flaubert. Einer der Bewohner ist der vierundzwanzigjährige Modest Mussorgsky,
der sofort entscheidet, diese Geschichte zu seiner ersten Oper zu machen.
Ganz nach Laune beginnt er mit dem Komponieren einzelner Szenen, ohne
einen größeren Plan. Nach zwei Jahren allerdings läßt er das Projekt fallen
und nimmt es nie wieder auf. Statt dessen finden sich einzelne Teile später
in seiner Oper „Boris Godunow“ wieder. Es ist nie ganz geklärt worden,
warum Mussorgsky nicht weiter schrieb.
Szenisch
kann man heute nicht wirklich darum trauern, denn die Geschichte um die
Priesterin Salammbô und ihren geraubten Schleier im Karthago kurz nach
dem ersten Punischen Krieg wäre selbst mit heutigen bühnentechnischen
Mitteln nur schwer zu inszenieren. Trotzdem machte sich Zoltán Peskó 1980
an eine konzertante Bearbeitung und drei Jahre später sogar an eine szenische
Aufführung. Auf seiner Grundlage hat nun wiederum der russische Komponist
Vjaceslav Nagovitsin eine erneute Bearbeitung gemacht, in die er z. B.
Lieder von Mussorsgky einarbeitete, und die nun zum ersten Mal (zum Glück
konzertant) in München zu hören war.
Am
Pult stand dabei kein geringerer als Mstislav ROSTROPOWITSCH, dem es mühelos
gelang, das SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKs für dieses Werk
zu begeistern. Und nicht nur sie.
Mit
den hervorragenden Solisten, allen voran Irina MAKAROVA als Salammbô (ihre
Marfa muß ein Traum sein), Michail DIAKOV als schleierraubender Mâtho,
Stanislav SULEIMANOV als Oberpriester und Sergey SHEREMET als Mann von
den Balearen waren die Stimmen eindrucksvoll besetzt, was wiederum die
Zuschauer mit ausdauerndem Beifall bedachten.
Auch
der CHOR DES BAYERISCHEN RUNDFUNKs (Einstudierung: Udo MEHRPOHL) und die
AUGSBURGER DOMSINGKNABEN (Einstudierung: Reinhard KAMMLER) trugen zu diesem
Genuß bei.
Schon
in diesem Fragment ist der große Mussorgsky ganz bei sich, und eine konzertante
Aufführung wie hier, ab und an, wäre sicher ein Gewinn für das Opernrepertoire.
KS
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