Sehr
wohltuend, für Augen, Herz und Ohren, diese Neuproduktion des Münchner
Gärtnerplatztheaters! Das schwelgerische Drame lyrique von Jules Massenet,
der nicht zu Unrecht von seinen Zeitgenossen auch „compositeur de la tendresse“
genannt wurde, war perfekt in Szene gesetzt von Julia RIEGEL. Caroline
NEVEN DU MONT (Bühne und Kostüme) hatte die ersten Bilder vor einem großen
dunkelblauen Himmelhintergrund stattfinden lassen. Den Innen- oder Außenraum
begrenzte ein schlichter Prospekt, auf dem Häuser gezeichnet waren. Bäume,
ein wenig Mobiliar deuteten den jeweiligen Spielort an. Erst im letzten
Bild ändert sich diese trauliche Idylle: Der Prospekt wird hochgezogen.
Wir sehen eine kahle Fläche, auf der in dichtem Schneefall Johann die
letzten Blumen sucht und den sterbenden Werther findet.
Dieser
klar gegliederte Bühnenraum ohne überflüssigen Schnickschnack ebenso wie
ohne visuelle Provokation gibt den Sängern in jeder Beziehung Raum zur
Entfaltung. Wenn man von einigen Textunverständlichkeiten absieht, die
eventuell auch durch die deutsch gesungene Aufführung verursacht waren,
war dieser Abend auch akustisch eine echte Freude: Scott MACALLISTER sang
mühelos und mit verzehrender Leidenschaft einen Werther, an dem auch Herr
von Goethe seine Freude gehabt haben dürfte. Seine Angebetete war Ann-Katrin
NAIDU, deren blühender Mezzo die zwiespältigen Gefühle und die Zerrissenheit
der Charlotte perfekt charakterisierte. Gary L. MARTIN als solider Albert
war ein durchaus ernst zu nehmender Konkurrent für Werther.
Die
übrigen Partien waren u.a. mit Martin HAUSBERG (Amtmann), Michael GANN
(Schmidt) und Márta KOSZTOLÀNY (Sophie) sehr gut besetzt.
Erfreulich
auch das ORCHESTER, das unter Constantinos CARYDIS die süße Melodik und
die sinfonische Zartheit so transparent zu Gehör brachte. Ein schöner
Abend, an dem man sich beglückt zurücklehnte und gebannt mit Augen und
Ohren dem Geschehen auf der Bühne folgte. Jakobine Kempkens
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