Zum
siebten Mal fand heuer das A.Devantgarde-Festival für neue Musik in München
statt. Ein Festival gegründet und hartnäckig weiter betrieben von jungen
Komponisten. Neben z. B. einem Liederabend für Bariton und Klavier mit
eigens dafür komponierten Liedern von je drei KomponistInnen aus vier
Ländern und einer Kinderoper als Gemeinschaftswerk von sechs KomponistInnen
stand am Ende die Uraufführung einer Oper, auch die wiederum ein Gemeinschaftswerk
von sechs KomponistInnen.
„The
last days of V.I.R.U.S.“ gab als Hintergrund die Geschichte zweier Forscher,
die einen fürchterlichen Virus entwickeln und auf die Menschheit loslassen.
Verantwortlich für die Ausgangssituation, sowie die Zwischenstücke und
den Schluß zeichnete der Festivalmitbegründer Moritz Eggert. Die fünf
weiteren KomponistInnen waren völlig frei, die Geschichte weiterzuspinnen
oder auch nur auf sie zu reagieren. Was dabei herauskam, war eine heterogene
Mischung sehr eigenwilliger Stile, die die Regisseurin Florentine KLEPPER
irgendwie bündeln mußte. Dies ist ihr sehr gut gelungen, hatte sie doch
schon während der letzten Musiktheater-Biennale bewiesen, daß sie ein
Händchen für das Zeitgenössische hat.
Das
Orchester (ENSEMBLE PIANO POSSIBLE) sitzt vor einem hohen mehrstufigen
Gerüst, welches mit Folie verkleidet ist. So können bei Bedarf kleine
„Fenster“ geöffnet und bespielt, oder die Folie als Projektionsfläche
genutzt werden, was eine Fülle von Bildern ermöglicht.
Sei
es nun für Sandeep Bhagwatis durch Zuspielungen unterstützter Sex-Chat,
bei dem der Virus für sprachliche Verwirrungen sorgt. Sei es für Ricardo
Zohn-Muldoons als Kaspertheater dargestellte Geschichte der Eltern, deren
Sohn sich wegen Ungehorsam langsam auflöst, so wie auch diese Oper ein
work in progress ist. Sei es die fast mythische Todeserzählung von Maxim
Seloujanow, sei es das „drama in 540 seconds“ von Ketty Nez, bei dem Batman
und Kingkong ihren Auftritt haben oder das beinahe zufällige Zusammentreffen
von vier Personen in „Just Look“ des Mexinkaners Carlos Sanchez. Letzterer
war für mich die Entdeckung des Abends, mit perfekter Abstimmung und Balance
zwischen Stimme und Musik und der Fähigkeit zu dramatischem Aufbau auch
ohne viel fortschreitender Handlung. Ob das Ganze am Ende gut ausging,
hing wohl davon ab, ob man Virus oder Mensch ist.
Nach
gut einer Stunde war man um viele Eindrücke reicher, und beruhigt darüber,
was individueller Einsatz auch in diesen Zeiten leerer öffentlicher Kassen
noch zu bewegen vermag. Kerstin Schröder
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