Die
Reihe „Paradisi Gloria“ des MÜNCHNER RUNDFUNKORCHESTERs hat für diese
Saison das Motto „Altes Testament und Psalm im 20. Jahrhundert“. Im ausverkauften
2. Konzert bedeutete das eine Auseinandersetzung mit den Figuren des Belsazar
und des David.
1906
schrieb Jean Sibelius eine Schauspielmusik zu „Belsazars Fest“, die er
nur ein Jahr später zu einer Orchestersuite umarbeitete, welche strenger
gegliedert ist und bei der der Part der Mezzosopranistin im wundervollen
„einsamen Lied“ vom Cello übernommen wird. Das viersätzige Werk ist kaum
als geistliches Werk zu bezeichnen, zeigte aber seine klanglichen Qualitäten
und große Wirkung vom einleitenden Marsch bis zum abschließenden Tanz
der Sklavin Khadra an diesem Abend deutlich.
Danach
folgte eine Reihung der Renaissance-Motette „Spem in alium“ von Thomas
Tallis und des davon inspirierten Orchesterwerkes Tallis von Peter RUZICKA,
der diesen Abend auch dirigierte. Im Gegensatz zum Konzert mit gleicher
Verbindung beider Werke in Berlin vor wenigen Monaten stimmten hier sowohl
der musikalische, wie auch der räumliche Rahmen (fast) perfekt. Die Herz-Jesu-Kirche
als moderner, aber sehr stimmungsvoller Kirchenbau bot, nicht zuletzt
auch akustisch, einen Raum, der sowohl die Motette mit ihrem Raumklang,
als auch das moderne Orchesterstück trug.
Wie
schon in Berlin, sang auch hier der RUNDFUNKCHOR BERLIN die vierzigstimmige
a cappella Motette in sauberer Intonation mit präzisen Einsätzen (Einstudierung:
Robin GRITTON). Der pausenlose Übergang zum Orchesterstück vertiefte wiederum
die Zusammengehörigkeit der beiden Werke. Das Wiederaufscheinen der Motette
im Orchester, der wandernde Klang und die Orchesterausbrüche, die am Ende
ins Nichts verschwinden blieben auch hier nicht ohne Wirkung.
Den
Abschluß bildete eine Vertonung des 13. Psalms von Alexander Zemlinsky.
Der 13. Psalm ist ein Aufschrei Davids in der Not. Und so hat auch Zemlinsky
das Werk 1935 angesichts der allgemeinen und seiner ganz persönlichen
Bedrohung durch die Nazis geschrieben („wie lange soll sich mein Feind
über mich erheben?“). Zemlinsky hat weder die Uraufführung seiner Vertonung
noch das Ende der Nazi-Herrschaft erlebt, er starb 1942 im amerikanischen
Exil. Große Besetzung bei Chor und Orchester schleuderten die Wucht der
Verzweiflung, aber auch der Hoffnung in den eher kleinen Kirchenraum.
Ein rundes Programm, das der breiten Palette von Geschichten und Gefühlen
Rechnung trug, die diese Reihe besonders auszeichnen.
Kerstin Schröder
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