RITTER SPIELEN IN LÜNEBURG

"Camelot", die musikalische Version von Loewe und Lerner um die Sage über König Arthur, Lancelot und Guenevere sowie einen Tisch, eine Vision und eine Handvoll Ritter, zählt sicherlich nicht zu den musikalischen wie textlichen Highlights der Musicalgeschichte - doch es ist unterhaltsam. Insbesondere, wenn es so auf die Bühne gebracht wird wie von Helga WOLF in Lüneburg.

Die Regisseurin schuf, ähnlich wie bei "Les Mis" in der vergangenen Spielzeit, mit wenigen Mitteln die perfekte Illusion Camelots und Umgebung. Eine Handvoll Requisiten und Symbole (Bühnenbild: Barbara BLOCH) sowie typgerechte Kostüme (Sabine MEINHARDT) reichen aus, um den Zuschauer an den Hof Arthurs zu versetzen. Auch diesmal waren die Bühnenumbauten in die Handlung gut integriert.

Helga Wolf kann dem Stück natürlich nicht die Absurdität nehmen, macht jedoch durch intelligente Personenführung und immer wieder aufblitzende Ironie das Pathos halbwegs erträglich, mehr noch, sie macht daraus eine Satire per excellence. Arthur wird als unreifer Junge gezeichnet, der viel zu sehr damit beschäftigt ist, Ritter zu spielen, anstatt sich den Realitäten zu stellen, an denen er am Ende scheitern muß.

Diese Interpretation kommt Aleksander DI CAPRI entgegen, denn dabei konnte man sein überraschend großes komisches Talent bewundern. Stimmlich liegt ihm die Partie aufgrund ihrer Lage mehr als der Valjean mit seinen exponierten Tönen in der vergangenen Spielzeit. Hier konnte er die warmtimbrierte Stimme einfach strömen lassen und mit exzellenter Textbehandlung punkten.

Schirin KAZEMI ist eine ungewohnt toughe Guenevere. Weder sittsam duldend, noch schicksalsergeben angelegt mischt sie Arthurs Hofstaat gründlich auf. Ihre ungewöhnlich dunkeltimbrierte Stimme paßt sehr gut zu dem doch sehr typischen Musicalsound des Stückes. Man könnte sie sich allerdings auch beim Singen von rockigerer Musik gut vorstellen.

Lancelot ist in der Lüneburger Version wenig fad, sondern eher eine zwischen diversen Komplexen und dem wirklichen Leben zerrissene Figur. Kristian LUCAS stellt innerhalb kurzer Zeit eigentlich zwei komplett unterschiedliche Personen - zunächst selbstverliebt, dann Guenevere verfallen - dar und machte Lancelot für uns erstmals hinsehenswert. Gesanglich kann er auch hier seine stimmlichen Fähigkeiten voll zur Geltung bringen. Sein "C'est moi" ist ein echtes Highlight.

Mordred wurde von den Autoren in den zweiten Akt des Stücks verbannt und muß sich mit einigen markigen Sprüchen bzw. Gesangsnummern begnügen. Ferdinand STEINHÖFEL machte das absolut Beste daraus und fügte noch die eitle Attitüde mittels Posings in dem zugegebenermaßen coolen Kostüm hinzu. Kurz: "das Böse sieht immer am besten aus".

Die Ritter Oliver HENNES (Sir Dinadan), Marcus BILLEN (Sir Lionel), Wlodzimierz WROBEL (Sir Sagramore), Nils GROßER (Clarius), Thomas PFEFFER (Castor) und Matthias GRÜTZ (Colgrevance) machten sowohl beim Singen als auch beim Tanzen eine gute Figur.

Martin EDELBAUER hatte als Pellinore fast ausschließlich Sprechtext; wir fanden ihn leider nicht besonders komisch, aber der Hund war nett. Bei Marc WESTPHALs Merlin bedauerte man zutiefst, daß er bereits nach relativ kurzer Zeit von der Bildfläche verschwand, weil er von einer leicht soubrettigen Wassernymphe (Elke TAUBER) gekidnappt wurde. Als Lady Anne machte Elke Tauber dann eine bessere Figur.

HAUS- und EXTRACHOR und die STATISTERIE waren mit Spaß bei der Sache. Die LÜNEBURGER SINFONIKER mühten sich unter Leitung von Urs-Michael THEUS redlich, der Musik Leben einzuhauchen und ihr Süßlichkeit zu nehmen; daß ihnen das nicht hundertprozentig gelang, ist eher Frederick Loewe anzulasten. Disponiert waren die Damen und Herren jedenfalls bestens. Theus hielt Bühne und Graben gut zusammen. Einige straffere Tempi, hin und wieder, wären vielleicht recht nett gewesen.

Es war ein kurzweiliger, unterhaltsamer Abend, und auch wenn unsere Begleitung musikalisch mal wieder vom Glauben abgefallen ist, würden wir sagen, reingehen und anschauen. AHS & MK

P.S.: Ein kleiner Hinweis am Rande: Zweihänder heißen Zweihänder, weil man sie gemeinhin mit beiden Händen greift. Sich auf sein Schwert zu stützen, mag zwar malerisch aussehen, dürfte aber der Spitze desselben nicht gut tun. Den Handflächen wiederum dürfte es nicht guttun, das Schwert an der Schneide zu halten, denn merke: Schwerter sind nicht nur Stich-, sondern auch Hiebwaffen, deren Schneiden an den Kanten geschliffen sind. ;-)

P.P.S.: Geile Stiefel übrigens!