Da
standen sich zwei sehr unterschiedliche Stücke gegenüber mit Peter Maxwell
Davies' "The Lighthouse" und Othmar Schoecks "Vom Fischer un syner Fru".
Während es sich bei ersterem um ein durchaus spannendes und - spätestens
nach dem Prolog - fesselndes Psychodrama handelt, ist letzteres eher läßlich
und auch musikalisch nicht besonders gehaltvoll. Man gewinnt den Eindruck,
das ganze Stück hat musikalisch ungefähr zweieinhalb Einfälle, die auch
noch auf den Wellen, die der Butt im Wasser bildet, totgeritten werden.
Da
variiert Davies schon besser, setzt gegen Atonales in den drei Liedern
der Leuchtturmwärter auch melodische Ideen und stellt echte Charaktere
auf die Bühne. Das Stück geht auf das mysteriöse Verschwinden dreier Leuchtturmwärter
auf einer einsamen schottischen Insel Anfang des 20. Jahrhunderts zurück.
Der Prolog schildert die gerichtliche Untersuchung des Vorfalles mit Vernehmung
der Besatzung des Versorgungsschiffes, die den leeren Leuchtturm vorfanden,
das Stück selbst dann, was auf dem Leuchtturm geschehen sein mag. Die
Oper bietet keine endgültige Lösung des Rätsels, suggeriert jedoch, daß
die Leuchtturmwärter sich gegenseitig so sehr in den Wahn getrieben haben,
daß sie sich gegenseitig oder selbst umbrachten, und die Leichen dann
von der Besatzung des Versorgungsschiffes ins Meer entsorgt wurden, um
Aufsehen zu vermeiden.
Ein
echter Psychothriller also, der nur leider nicht wirklich szenisch stattfand,
denn die Bühne von Stefan HEINRICHS, die oben eher einer Ölbohrplattform
ähnelte, und unten echtes Wasser hatte, durch das die Sänger waten und
in dem sie sich manchmal auch wälzen mußten, ließ keine Stimmung aufkommen.
Teilweise war es in der unteren Etage so dunkel, daß man kaum etwas erkennen
konnte, sondern nur das Platschen des Wassers hörte. Regisseurin Waltraud
LEHNER schien auch nicht wirklich zu wissen, was sie eigentlich erzählen
will. Da sind die Leuchtturmwärter durch Schatten ihrer Vergangenheit
gedoppelt, aber man hat nicht den Eindruck, daß hiermit wirklich etwas
angefangen wird. Statt zu zeigen, wie drei Personen, die sich nicht wirklich
etwas zu sagen haben, durch Enge und Einsamkeit immer weiter in den Wahnsinn
abdriften, rätselt man teilweise an Sinn und Zweck der Personenregie
Die
drei Sänger, die sowohl die Leuchtturmwärter als auch die Besatzung des
Versorgungsschiffes verkörpern, leisteten hingegen großartige Arbeit.
Dank ihrer findet das Stück entgegen der wenig inspirierten Regie auch
statt. Patrick BUSERT glänzt mit seinem Solo, was zunächst als wunderschöne
britische Liebesballade erscheint und sich am Ende doch vielleicht als
etwas anderes herausstellt. Inzwischen bin ich davon überzeugt, daß der
Tenor so gut wie alles glaubwürdig darstellen kann, auch wie hier einen
am Abgrund zwischen erlaubter und verbotener Liebe taumelnden sowie vom
Wahn verfolgten Charakter.
Steffen
KUBACH hat als Blazes ein paar fies-exponierte Töne im Falsett zu singen,
und erzählt in einer einem Trinklied nachempfundenen Arie die gruseligen
Einzelheiten seines als Kind begangenen Mordes. Er findet dabei exakt
den richtigen Ton zwischen jovialem Kumpelton und darunter brodelnder
Grausamkeit, so daß es einem kalt den Rücken herunterläuft.
Andreas
HALLER ist als religiöser Fanatiker Arthur ein wenig als eine Mischung
zwischen Seebär und alttestamentarischer Prophet gezeichnet, und beim
Darstellen von Fanatikern läuft er immer zu Hochform auf. Da fallen auch
ein oder zwei Intonationsunsicherheiten nicht mehr ins Gewicht, wenn das
Porträt insgesamt so stimmig ist.
Von
mir aus hätte der Abend nach "The Lighthouse" zuende sein können. Das
Märchen "Vom Fischer un syner Fru" hatte es mir schon als Kind nicht sonderlich
angetan. Die Inszenierung von Waltraud Lehner tat nichts dazu, mir diesen
Stoff näher zu bringen. Auf einer sich rastlos drehenden Bühne bewohnen
der Fischer und seine Frau offenbar ein Sofa auf einer Müllkippe, welches
auch später ihre Wohnstatt bildet, als sie ein Schloß erhalten haben.
Der Text ist plattdeutsch, klingt jedoch teilweise beim Singen nicht sehr
authentisch.
Insbesondere
Daniel SZEILI als Fischer kämpfte mit Sprache und vor allem den Höhen
der Partie. Da klangen etliche Töne dünn und angestrengt, was auch nicht
wirklich dazu beiträgt, Begeisterung für das Stück zu entwickeln. Anne
ELLERSIEK als seine Frau macht mehr aus der Partie, als eigentlich in
dieser steckt. Sie singt tadellos und müht sich erfolgreich, dieser törichten
Figur so etwas wie Leben einzuhauchen. Aus dem Orchestergraben singt Andreas
Haller den Butt mit profonden Baßtönen und hörbarer Genervtheit, je unverschämter
die an ihn herangetragenen Wünsche werden.
Dirigent
Ralf LANGE könnte man sich ohne weiteres auch im gängigen Repertoire vorstellen,
denn er leitete den Abend umsichtig und sängerfreundlich. Er schaffte
es auch, nach der Pause wenigstens im Graben die Spannung zu halten, als
sich diese vom Geschehen auf der Bühne nicht wirklich einstellen wollte.
Das PHILHARMONISCHE ORCHESTER klang erfreulicher als bei den letzten Begegnungen.
MK
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