Daß
er ein grandioser Opernsänger ist, hat der schottische Bariton Gerard
QUINN in zahlreichen Aufführungen am Theater Lübeck bereits unter Beweis
gestellt. Nach einem eindringlichen Ausflug ins Oratoriumfach ("Elias")
zeigte er nun eine neue Facette als Liedinterpret, die ob der widrigen,
für Norddeutschland ja nahezu alpinen Witterungsverhältnisse, der Musikwelt
fast verborgen geblieben wäre. Veranstaltet
wurde der Abend von den Musikfreunden Lübeck im bedauerlich schlecht besuchten
Kolosseum, welches allerdings weniger zugig, dafür geringfügig kleiner
als das Original sein dürfte.
Auf
dem Programm standen im ersten Teil deutsche Lieder von Schubert, Schumann,
Beethoven, Wolf und Strauss, während Gerard Quinn im zweiten Teil Stücke
von Stefano Donaudy, Duparc, Ravel, Frank Bridge, sowie ein schottisch-irisches
Medley, bei dem er sich sichtlich wohl fühlte, sang.
Quinn
erwies sich einmal mehr als jemand, der es versteht, einem Stück eine
ganz eigene Note mitzugeben. "Zueignung" habe ich noch nie mit einem solch
melancholischen Unterton gehört. "Don Quichotte à Dulcinée" von Ravel
ertönte mit einer superben augenzwinkernden Tristesse (weitere Ausflüge
ins französische Fach sind unbedingt wünschenswert!). Doch es sind nicht
nur die ernsten Lieder, in denen er seine große Klasse unter Beweis stellte,
auch in den eher heiteren, wie in Beethovens wundervoll schalkig zu Gehör
gebrachtem "Flohlied", konnte er mit seinem balsamischen Ausnahmeinstrument
vollkommen überzeugen. Die Bandbreite seiner Ausdruckskraft scheint schier
unermeßlich zu sein...
Unter
den vier Zugaben fanden sind u.a. "Nemico della Patria", dem er in Anbetracht
des fehlenden Orchesterapparats noch mehr Nuancen abgewinnen konnte, als
er in der hiesigen Produktion gezeigt hat, sowie eine hinreißend subtile
Version von "When I was a rich man" aus "Anatevka". Er wird doch nicht
jetzt auch noch Musicals singen?
Mira
TEOFILOVA begleitete Gerard Quinn durchweg kompetent, wenngleich ich mir
einige Solo-Passagen etwas mehr ausgekostet gewünscht hätte, insbesondere
die Schlüsse waren mir ab und an zu abgehackt. WFS
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