Es
gibt wenig, was an der Regie von Wolf WIDDER bemerkenswert ist. Da ist
nichts, worüber man sich aufregen kann, aber auch nichts, was einem in
Erinnerung bleibt. Das Stück spult ab, die Darsteller tun halt, was sie
können, aber eine Form von Konzept oder durchgehender Personenregie ist
nichts spürbar. Die Ausstattung von Eisensteins Wohnung (Bühnenbild Sibylle
SCHMALBROCK) ist in der Farbgebung etwas sehr geschmacklos, die Bar hinter
dem Stilleben allerdings eine hübsche Idee. Der Ballsaal bei Orlofsky
mit den zahlreichen Alkoven und den offenbar dahinter ablaufenden Orgien
stört nicht. Ein Klasseeinfall ist hingegen die offene Verwandlung vom
Ballsaal in das Gefängnis, welches zudem sehr echt wirkt.
Die
Kostüme von Pierre ALBERT sind kleidsam; lediglich die von Adele fallen
aus dem Rahmen. Schwer vorstellbar, daß Rosalinde jemand, der so herumläuft,
beschäftigen würde bzw. daß sie ein Kleid besitzt, wie jenes, das Adele
für den Ball entwendet. Absolut verzichtenswert die Choreographie von
Pascale CHEVROTON, die in ihrer Einfallslosigkeit nur dadurch noch schlimmer
wird, daß die sechs Tänzer sie nicht tanzen können.
Matthias
GRÄTZEL ist als Eisenstein eine Ohrenpein. Die Stimme ist grell und schneidend,
was in der Höhe noch schlimmer wird, als es eh schon ist. Sie entbehrt
jeglichem Reiz. Zudem scheint er Komik mit planlosem Herumgezappel zu
verwechseln, doch Zappeln allein ist nicht komisch. Dem gleichen Irrtum
unterliegt auch Andrea STADEL als Adele. Auch bei ihr liegt stimmlich
einiges im Argen, insbesondere in den Spitzentönen wird der Sopran dünn
und bekommt einen leicht jaulenden Beiklang.
Doch
letztendlich blieben dies die einzigen Ausfällen. Ines KROME als Rosalinde
schafft es spielend, Witz (speziell als ungarische Gräfin) zu verbreiten,
ohne dabei aufdringlich zu überziehen. Ihre Stimme ist für Operette ungewohnt
groß und weitschwingend, es macht Freude ihr zuzusehen und - zuhören.
Weswegen sie jedoch Eisenstein geheiratet hat, anstatt lieber bei dem
Alfred von Patrick BUSERT zu bleiben, bleibt ein Geheimnis. Der Sänger
hat sichtlich Spaß daran, einen leicht überdrehten Tenor zu spielen. Gesanglich
ist er, wie immer in der Operette, die durch exzellente Opernsänger ja
nur gewinnt, absolut unanfechtbar. Sehr neckisch sind übrigens die Söckchen,
die er artig anbehält, als er sich in Eisensteins Morgenmantel wirft.
Andreas
HALLER offenbart als Frank eine uns bisher unbekannte, aber erfreulich
komische Ader, insbesondere, wenn er im dritten Akt vom Ball kommt. Er
sollte häufiger Operette machen, seinem König Heinrich am folgenden Abend
bekam dies ausgezeichnet. Michael SCHEIDL als Frosch wirkte frisch, sehr
echt als alkoholisierter, Wiener Grantler und konnte sogar der uralten
Komikernummer mit dem Hut noch neue Nuancen abgewinnen. Die aktuellen
Pointen schienen allerdings ein wenig aufoktroyiert.
Steffen
KUBACH (Falke) machte die erlittene Demütigung gut sichtbar, indem er
auf den ersten Blick wie ein distinguierter Herr wirkte, um dann gelegentlich
den Lebemann aufblitzen zu lassen und zu keiner Sekunde zweifeln ließ,
daß er der Fädenzieher der Intrige ist. Stimmlich ist er in der leichten
Muse immer eine Bank. Als Gast sang Gritt GNAUCK den Orlofsky. Seit ihrer
Hamburger Zeit ist die Stimme enorm gewachsen und klingt jetzt voll mit
individuellem Timbre. Den jungen, gelangweilten Fürsten nimmt man ihr
auch ohne weiteres ab.
Christian
HEES (Blind) hatte - bei einem solchen Mandanten - mein Mitgefühl auf
seiner Seite, Imke LOOFT als Ida stahl ihrer Schwester sowohl gesanglich
als auch darstellerisch die Show, und David WINER-MOZES als Ivan versuchte
vergeblich, komisch zu sein.
Wer
einmal Ludwig PFLANZ hat Operette dirigieren hören, muß eigentlich für
jeden anderen Dirigenten in diesem Repertoire verdorben sein. Da ist soviel
Schwung, soviel Tempo im Graben, daß dieser Kunstform jegliches Klischee
von betulicher Walzerseeligkeit ausgetrieben wird. Das PHILHARMONISCHE
ORCHESTER macht dies problemlos mit und der CHOR, hübsch individuell kostümiert,
ist mit Spielfreude dabei. MK
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