Die
Storyline dieser Massenet-Oper ist einfach: Tenor liebt Sopran, welcher
aber Bariton heiratet, der, zum Kreuzzug gerufen, fort muß, wodurch (Übel-)
Baß in Gestalt des Teufels, unterstützt durch Mezzo, die Möglichkeit für
seine - erfolglosen - Versuche erhält, Sopran vom rechten Weg abzubringen.
So weit, so üblich. Erfreulich unüblich zeigt sich der Schluß. Der Bariton
bekommt nämlich das Mädchen, und es gibt trotzdem ein Happyend.
All
das ist in zweieinhalb Stunden schönster Musik zusammengefaßt, die von
den LÜBECKER PHILHARMONIKER akkurat und poetisch zur deutschen Erstaufführung
gebracht wurde. Daß Frank Maximillian HUBE die Möglichkeit erhielt, diese
Produktion zu leiten, erwies sich als Glücksfall, durfte das Orchester
hier doch schwelgen, ohne daß exaktes Musizieren vernachlässigt wurde.
Kurz, man bekam eine romantische, französische Oper in der bestmöglichen
Interpretation zu hören.
Die
Aufführung einer Oper wie dieser steht und fällt mit der Interpretin der
Titelpartie. Chantal MATHIAS vermochte, obwohl von der Regie mehr oder
weniger alleingelassen, für Grisélidis einzunehmen, und wirkte nur dort
ein wenig verloren, wo deren Verhalten schwerlich nachzuvollziehen war.
Stimmlich war ihre Interpretation einwandfrei und von berückender Schönheit.
Laurence
GIEN (Le Diable) hatte augen- wie ohrenscheinlich viel Spaß an seiner
Partie wie an der Interaktion mit dem Publikum. Mit einem bemerkenswert
agilen und ausdrucksvollen Bariton gab er dem Bösen eine gesanglich beeindruckende
Gestalt. Sein überschäumendes Temperament gab der Figur etwas extrem Skurriles
und im Ehezwist mit der höllischen Gattin beinahe etwas bemitleidenswertes.
Die
Ehe des Marquis mit Grisélidis funktioniert da wesentlich harmonischer.
Und so konnte sich Gerard QUINNs Interpretation mehr (und zu recht) auf
die musikalische Seite der Partie, die wie für ihn geschrieben schien,
konzentrieren. Lange, weiche Bögen, die mit vielen Farben und Schattierungen
versehen wurden, und dazu eine stimmliche Sicherheit, bei der sich ein
Zurücklehnen-und-einfach-zuhören reinweg anbot.
Bei
beiden Herren war die sprachliche Behandlung der Partien übrigens so gut,
daß es der Übertitel eigentlich nicht bedurft hätte.
Astrid
VON FEDER vermochte den guten Eindruck aus dem "Herring" noch zu steigern.
Ihre sexy Fiamina war ein Ausbund an verderblichem Temperament, die den
teuflischen Göttergatten mit diebischer Freude zu weiteren Schandtaten
animierte.
Dem
durchweg guten Team konnte Edgardo ZAYAS als Alain keine weitere Nuance
hinzufügen. Darstellerisch blaß blieb er der Mann mit den Zetteln. Seine
Stimme verfügt über eine angenehme Mittellage. Die hohen Töne allerdings
klangen teils recht unangenehm. Benno SCHÖNING gab einen coolen Priester
mit gut geführter Stimme, während Andreas HALLER (Gondebaud) als geistiger
Kriegstifter die Chance zum erneuten Herumgroßinquisitieren gut nutzte.
Andrea STADEL hatte es da eher schwer, in Erinnerung zu bleiben. Sehr
niedlich und präsent war Lucas Constantin HERING als Loys.
Die
Inszenierung von Jakob PETERS-MESSER krankte primär daran, daß sie Lücken
in der Handlung nicht zu schließen vermochte. Grisélidis' Gründe, gerade
den von ihr gewählten Weg zu gehen, sich für den Marquis und nicht für
Alain zu entscheiden und letztlich dem Bösen zu widerstehen, blieben zu
sehr nebulös.
Sehr
gelungen zeigte sich das Bühnenbild von Markus MEYER. Ein in der Ausstattung
minimalistischer Einheitsraum zwar, der aber immerhin über zwei Spielebenen
und mehrere Türen verfügte, was einen hohen Grad an Wandelbarkeit erzeugte,
und mit einer Farbgebung von beinahe godenscher Ästhetik versehen war.
Die Kostüme (Sven BINDSEIL) paßten hierzu sehr gut. Als fulminant sind
die des Teufels in all seinen Verkleidungen sowie die diversen Outfits
Fiaminas zu bezeichnen.
Eine
tolle musikalische Umsetzung, eine Inszenierung, die nicht wehtut - Opernbesucher,
was willst du mehr? AHS
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