Der
zweite Besuch dieser Produktion bestätigte den ersten vom November 2005.
Die Inszenierung von Jakob PETERS-MESSER ist größtenteils fad und teilweise
ärgerlich. Der Sinn des Zirkusambientes (Bühne Markus MEYER) erschließt
sich nicht, und die Personenführung ist teilweise gegenüber den Sängern
schon unverschämt (Elvira muß Koloraturen auf dem Rücken liegend singen,
Giovanni hat zur Champagner-Arie mit einer Peitsche herumzuknallen, etc.).
Einzig über die Kostüme (Sven BINDSEIL)läßt sich einigermaßen Gutes sagen.
Das Finale wird völlig verschenkt, und man ginge im höchsten Maße gelangweilt
nach Hause, gäbe es nicht die bis auf zwei Ausnahmen erfreuliche musikalische
Seite.
Diese
Ausnahmen betreffen erstens den Ottavio von Nicholas SALES mit quäkendem
Timbre, uneleganter Phrasierung und bläßlicher Ausstrahlung (da hätte
es sicherlich auch andere - zudem für das Theater, das ja ständig am finanziellen
Abgrund balanciert, günstigere - Lösungen gegeben). Zweitens war der Leporello
von Almas SVILPA eine Zumutung. Ich möchte behaupten, daß die Registerarie
die schlechteste war, die ich in meinem Leben gehört habe mit zahllosen
Intonationsunsicherheiten, brutal herausgebrüllten Tönen und bar jedes
Charmes.
Doch
das Positive überwog dann doch. Gerard QUINN wiederholte seinen Giovanni
mit Virilität und beträchtlicher Ausstrahlung. Höhepunkt seiner Interpretation
war sicherlich das Ständchen, was mit schmeichelnden piani und dabei selbstironischem
Ausdruck genommen wurde. Auch Andreas HALLER bestätigte den Eindruck vom
Herbst mit seinem stimmlich sehr beeindruckendem Komtur. Daß ihm darstellerisch
insbesondere im Finale jede Profilierungsmöglichkeit genommen wird, ist
nicht seine Schuld.
Annette
PFEIFER macht aus der Zerlina eine selbstbewußte junge Frau, die weiß,
wie sie bekommt, was sie will. Die Stimme wirkt wieder deutlich ausgeglichener
als zuletzt. Schade, daß sie Lübeck verläßt. Masetto Andreas BAUMEISTER,
der im Herbst noch zumindest zu Beginn sehr zurückhaltend wirkte, hat
sich enorm gesteigert. Hier dürfte sich Lübeck einen Baßbariton heranziehen,
dem in absehbarer Zeit größere Rollen zuzutrauen sind.
Die
beiden Seria-Damen waren im November beide erkrankt. Sie machten deutlich,
wie eine Besetzung eine Produktion verbessern kann. Mardi BYERS (Anna)
wird Lübeck ebenfalls verlassen, die Lücke wird schwer zu füllen sein.
Sie singt Anna nicht auf jene hysterische Trauerweidenart, die man so
häufig sieht, sondern ganz lyrisch, wie ein junges Mädchen, dem schreckliches
widerfahren ist, die sich in sich zurückgezogen hat, und die sich davon
nur mühsam erholt. Auch ist sie der Partie in jeder Sekunde gewachsen,
obgleich sie ja eigentlich ihre Lübecker Erfolge im Verdi- und Verismo-Fach
feierte.
Chantal
MATHIAS als Elvira zeigt keine Zurückhaltung. Bei ihr ist klar, daß es
eigentlich nur eine Frau in diesem Stück gibt, die ein legitimes Recht
auf Giovanni hat - und das will sie auch durchsetzen. Sie wirft sich mit
einer Vehemenz in die Partie, die das trostlose Umfeld der Inszenierung
vergessen macht, singt immer sauber und läßt sich sogar noch die Zeit
innerhalb von wenigen Augenblicken widerstreitende Gefühle nicht nur in
der Stimme hören zu lassen, sondern auch während des Singens in der Mimik
zu zeigen.
Am
Pult stand erneut Frank Maximillian HUBE, der Mozarts Musik vorantrieb
und so deutlich machte, daß es sich um ein sehr schnell hintereinander
ablaufendes Geschehen handelt. Das PHILHARMONISCHE ORCHESTER machte seine
Sache ebenso gut wie der CHOR. MK
|