In
diese Produktion konnte man sich bereits aufgrund der Fotos auf der Website
des Theaters verlieben. Sie ist, um es gleich vorweg zu sagen, ein Meisterwerk.
Ein Meisterwerk von bemerkenswerter Schlichtheit, bei dem Marc ADAM gelang,
Begeisterung sowohl bei den Leuten, die Cileas Oper bereits kennen, als
auch bei denen, die kaum Stücke hieraus kennen, zu erzeugen.
Das
Bühnenbild (Barbara RÜCKERT) ist schlicht, aber praktikabel, denn die
Produktion konzentriert sich zu Recht auf die Beziehungen der Figuren
untereinander, die exemplarisch herausgearbeitet werden. Die Kostüme (Pierre
ALBERT) entsprechen eher dem Typ des entsprechenden Sänger als denn einer
Zeitepoche und waren so durch die Bank weg sehr kleidsam. Das Ballett
um das „Urteil des Paris“ auf dem Fest der Fürstin (Choreographie: Pascale
CHEVROTON) haben wir nicht wirklich verstanden, doch das sollte wohl so
sein. Außerdem brachte es einen reizvollen Hauch von Modernität.
Marc
Adam setzt in seiner Sichtweise viel auf psychologische Aspekte, was den
Abend schon so jede Sekunde spannend sein ließ, dazu kommen dann überraschende
Variationen und Einblicke im Bühnenbild, z. B. die Bühne der Comédie von
hinten oder der Palast der Eheleute Bouillon, in welcher sich der Festsaal
drehte. Hingegen starb Adriana am Ende in einer ganz schlichten Kulisse,
was den Blick von dem menschlichen Drama, das sich dort ereignet, in keiner
Sekunde ablenkte.
Eine
Inszenierung von solchen Standard benötigt natürlich eine musikalische
Entsprechung. An diesem Abend war uns auch noch das Dirigentenglück hold.
Frank Maximilian HUBE stand am Pult des LÜBECKER PHILHARMONISCHEN ORCHESTERS
und zauberte ein Verismo-Feuerwerk, das seinesgleichen sucht. Dabei hörte
man in manchen Passagen Noten, die einem in dieser Schönheit niemals zuvor
aufgefallen sind. Das Dirigat zeichnete sich durch leidenschaftlichen
Schwung, dabei jedoch auch immer große Genauigkeit aus.
Die
Spielfreude des Orchesters übertrug sich auf die Bühne, wo größtenteils
großartig gesungen und engagiert agiert wurde. „Adriana Lecouvreur“ ist
die - tragische - Geschichte einer Diva, und Mardi BYERS war ohne Zweifel
eine solche Heroine des Theaters. Diese Partie war eine weitere Steigerung
ihrer bisherigen musikalischen Leistungen in Lübeck. Darstellerisch zeichnete
sie das berührende Porträt einer Frau zwischen Bühne und realem Leben,
die bereit ist, mit allen Mitteln um ihre Liebe zu kämpfen.
Alina
GURINA war als Fürstin dieser geballten Frauenpower ebenbürtig, und so
geriet die Szene der beiden im Pavillon zu einem fulminanten Stück großen
Musiktheaters fast bis zu Handgreiflichkeiten. Dieser Mezzosopran ist
ein guter Fang für das Lübecker Theater. Ihr sehr dunkel timbrierter Mezzo
sprüht nur so vor Temperament. Diese Dame bitte gern öfter und in vielen
anderen Rollen!
Michonnet
geriet in Gerard QUINNs Interpretation von der baritonalen Randfigur zu
einem der Angelpunkte des Stücks: der Impressario, der Macher hinter den
Kulissen, der in seiner unerwiderten, tiefen Liebe zu Adriana nicht anders
kann, als ihrem Glück mit einem Anderen zu einem guten Ende verhelfen
zu wollen. Insbesondere in den Momenten, in denen er Adriana anbeten darf,
schwelgt die Stimme in perfekt ausgesungenen Bögen. Er kann eben nicht
nur böse, und Adrianas Tod in seinen Armen war letztendlich einfach zum
Heulen anrührend.
Patrick
BUSERT machte mehr aus dem Abbé, als dieser eigentlich hergibt. In absolut
jeder seiner Szenen schauspielerisch präsent, selbst wenn er nur im Bühnenhintergrund
herumsteht, ist dieser Geistliche für alle anderen Figuren nicht ungefährlich.
Sein auch diesmal tadelloser Gesang war von vornherein einer der garantierten
Pluspunkte des Abends. Andreas HALLER schafft es als Fürst, seine große
ausladende Stimme ohne Schwierigkeiten Parlando singen zu lassen, was
dem Sänger in anderen Partien durchaus nicht immer gelang. Er hielt auch
problemlos in dem Geschwindigkeitsrausch mit, in den sich der Abbé und
er in ihrem Duett im ersten Akt steigerten.
Annette
PFEIFFER, Stefanie KUNSCHKE, Benno SCHÖNING und Joe TURPIN als Mitglieder
der Comédie Française rundeten mit ihren durchweg sehr guten Leistungen
den Abend ab. Ach ja, und Mario DIAZ, laut Besetzungszettel als Maurizio
angesetzt, bekam nach der Pause eine Ansage. AHS & MK
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