Daß
das „Weiße Rößl“ am Wolfgangssee steht, weiß sicherlich mittlerweile jeder.
Allerdings wird man in diesem Werk von Ralph Benatzky auch alle Nase lang
darauf aufmerksam gemacht.
Nein,
dies ist keine unserer Lieblingsoperetten, doch die musikalische Umsetzung
am Lübecker Theater machte auch diesmal wieder soviel Spaß, daß die z.T.
platten Dialoge und die plakative Handlung zu Nebensachen wurden.
Steffen
KUBACH ließ aufgrund seiner lebensnahen Darstellung des Leopold rasch
vermuten, daß er in seiner Studienzeit gekellnert hat. Er nimmt der Rolle
dazu auch noch jegliche Peinlichkeit eines Fünziger-Jahre-Films, ist in
seiner Arroganz, Eifersucht und Verzweiflung (tragi-) komisch und singt
dazu als würde ihm nichts auf der Welt mehr Spaß machen.
Schade,
daß Cornelia ZACH das alles weniger gut gelingt. Diese Josepha war ein
Klischee mit regelmäßig in die Hüften gestemmten Armen und manchmal zu
sehr nach auswendig gelernt klingenden Dialogen. Klasse war allerdings
ihre Contenance, als die (Chor-) Beregnungsanlage in der auf das Unwetter
folgenden Szene „nachtropfte“. Von dem Humor, der in diesem Moment hervorblitzte,
hätte man gern mehr.
Stefanie
KUNSCHKE (Ottilie) und Patrick BUSERT (Dr. Siedler) sind mittlerweile
ein besonders gut eingespieltes Team. Neben Steffen Kubach konnten diese
beiden sich musikalisch am besten profilieren sowohl einzeln als auch
als Paar. Beide mit schönen, höhensicheren Stimmen ausgestattet, glaubte
man ihnen die Rollen einer jungen selbstbewußten Großstadtpflanze und
eines weltmännischen Rechtsanwaltes auch darstellerisch.
Dieter
KAISER (Giesicke) maulte über Land und Leute so echt, daß man als Ex-Berlinerin
Heimweh bekam. Ihm und Frieder STRICKER glaubte man ohne größere Zweifel,
daß sie gemeinsam die Schulbank gedrückt haben. Letzterer hatte als Prof.
Dr. Hinzelmann augen- und ohrenscheinlich genauso viel Spaß wie bei seinen
Lübecker Auftritten in der vergangenen Spielzeit.
Annette
PFEIFER war ein entzückendes Klärchen mit einem liebenswertem und erschreckend
echtem Sprachfehler. Sigismund in der Verkörperung von Alexander GRONEN
nervte den gesamten Abend mit völlig unkomischem Getue. „Schönheit“ ist
eben nicht alles.
Ähnlich
anstrengend war Eike-Christian JENSCH als übergezogen gezeichneter Piccolo.
Lars JACOBSEN dagegen gab einen klasse Reiseführer und Robert LENKEY einen
herrlich schrulligen Kaiser mit interessanten Fähigkeiten im Bereich Wiener
Lied.
Ludwig
PFLANZ und das PHILHARMONISCHE ORCHESTER sorgten für schwungvolle Untermalung
aus dem Graben. Der MUSIKZUG DER FREIWILLIGEN FEUERWEHR REINFELD leistete
beim Auftritt von Franz Joseph I. tatkräftige Unterstützung.
Michael
GODEN (Bühne) zauberte dazu neben den mit wenigen Requisiten angedeuteten
Handlungsschauplätzen einen halbrunden, fahrbaren Bühnenhintergrund mit
einer riesigen Postkartenansicht vom Weißen Rößl nebst Wolfgangssee. Letzterer
hatte allerdings den Nachteil, daß man die Sänger schlechter verstehen
konnte, sobald er zur Seite gefahren wurde.
Die
mehr oder weniger zeitgemäßen Kostüme von Sven BINDSEIL schwankten
zwischen Solidem, Modeverirrungen und Lokalkolorit (dem, was man sich
halt darunter vorstellt...). Es steht allerdings zu hoffen, daß Dr. Siedler
in seinem Outfit nie vor Gericht erscheint.
Leider
hinkte die szenische Umsetzung von Franziska SEVERIN dem hinterher. Die
Inszenierung mangelte, wie bei dieser Regisseurin nicht zum ersten Mal
bemerkt, an Stringenz und Timing. Auch hier gab es zwar den einen oder
anderen guten Einfall, doch man vermißte das verbindende Element. Operette
als Nummernrevue, ohne daß sich die Handlung kontinuierlich wiederfand.
Für
das typische Operettenpublikum war das Ganze mitklatschverdächtig gut.
Für denjenigen, der sich dieses Vergnügen hin und wieder gönnt (bzw. sich
traut), sei es empfohlen. MK/AHS
|