Die
musikalische Mozartwelt von Frank Maximilian HUBE ist eine sehr schöne
und klangvolle. Der Dirigent drückt der Lübecker "Don Giovanni"-Produktion
seinen Stempel auf. Er befreit das Werk vom Image gepflegter Langeweile,
arbeitet neue Nuancen heraus, ist geduldig, wo andere wahrscheinlich schon
aufgegeben hätten. Das PHILHARMONISCHE ORCHESTER folgte ihm an diesem
Abend erst eher zögerlich, dann aber sehr engagiert und ließ so eine flotte
Interpretation hören.
Dreh-
und Angelpunkt ist natürlich der Titelheld der Oper, und niemand hat wohl
daran gezweifelt, daß Gerard QUINN dies perfekt umsetzt. Der Bariton hat
viel Spaß am Giovanni und dessen Kapriolen. Das Ständchen wurde, begleitet
von einer Mandoline (sehr virtuos von Stefan NESYBA gespielt), zur Kammermusik
par excellence, die Klippe Champagnerarie musikalisch raffiniert und textsicher
genommen. Neben der ausgereiften gesanglichen Leistung versprühte er rollendeckend
seinen Charme gegenüber allem Weiblichen. Girrend umgarnte er Zerlina,
brachte Elvira immer wieder dazu, ihm zu verfallen, und Annas Tugend stets
von Neuem ins Wanken. Sein Don Juan fühlte sich wohl dabei, und so wirkte
seine Entrüstung über Leporellos Vorschlag am Beginn des 2. Aktes, doch
von den Frauen zu lassen, zu Recht überzeugend.
Dagegen
war der Leporello von Almas SVILPA eine Zumutung. Der Sänger ist bar jeder
für diese Partie so unerläßlichen Parlando-Fähigkeit. Die Sprachbehandlung
schrie förmlich nach einem Trainer. Seine Registerarie war extrem kurzatmig
und trotz der rücksichtvollen Unterstützung aus dem Graben weit hinter
der Musik. Auch sonst trug er eigentlich nichts zum Erfolg des Abends
bei.
Mary
Anne KRUGER und Larissa KROKHINA sangen beide anstelle der eigentlichen,
hausinternen Besetzungen - mit unterschiedlichem Erfolg. Während erstere
als Donna Anna insbesondere hart mit den Koloraturen der zweiten Arie
zu kämpfen hatte und mit einer verschleierten Höhe aufwartete, bot Frau
Krokhina mit einer fundierten stimmlichen Leistung und einer spannenden
Porträtierung der von Schicksal und Mann gebeutelten Elvira ein kurzweiliges
Rundumpaket. Eine echte Entdeckung, die Lust auf Wiederhören machte.
Nicholas
SALES' Ottavio war schlicht fad. Auch hier wäre ein Training in italienischer
Sprache nötig gewesen. Dazu kam ein unangenehm timbrierter Tenor, der
zumeist nur gesäuselt eingesetzt wurde. Letzteres ist nicht verwunderlich,
denn sobald mehr Kraft ins Spiel kam, klangen die Töne durch die Bank
grell. Letztlich hätte man neben dem gestrichenen "Dalla sua pace" auch
auf "Il mio tesoro" verzichten können.
Das
Kapital des Lübecker Theaters ist trotz Einschnitten und Abstrichen sein
Ensemble. Das bewiesen an diesem Abend auch Annette PFEIFER (Zerlina)
und Andreas BAUMEISTER (Masetto). Sie, das quicklebendige Sing- und Spieltalent,
nahm nicht nur Don Giovanni für sich ein und wickelte ihren Bräutigam
gekonnt um den Finger, sondern konnte auch das Publikum einhellig begeistern.
Er, der noch ein wenig an der Durchschlagskraft in seiner Arie arbeiten
sollte, zeigte deutlich, welch ansehnliche Entwicklung, seine Stimme bereits
gemacht hat. Ebenso gut der Commendatore von Andreas HALLER, der stimmtechnisch
ein bißchen nach Großinquisitor klang, was der Partie in ihrer beeindruckenden
Bedrohlichkeit recht gut tat, und den Eindruck von "Die Mumie 3" beim
zweiten und dritten Auftritt erheblich milderte.
Der
CHOR schlug sich so wacker wie musikalisch genau (trotz doofer Partyhüte)
und feierte lebensecht die Hochzeit.
Die
Inszenierung von Jakob PETERS-MESSER sowie die Bühnengestaltung durch
Markus MEYER und die Kostüme von Sven BINDSEIL zeigten boten oft Gesehenes
in z.T. neuem, aber uninteressanten Kontext mit überreicher Bestuhlung,
deren Sinn wie in der "Tosca" verborgen blieb. Keine frischen Ansätze,
wenig Inspiration und viel "wer kann, der spielt".
Es
waren das Lübecker Ensemble mit seinen bewährten Kräften und das Orchester
mit Frank Maximilian Hube an der Spitze, die diesen Abend für mehr als
eine Vorstellung hörenswert machten. Das aber richtig! AHS
|