Weshalb
die diesjährige Auftakt-Veranstaltung zum Beginn der Spielzeit morgens
um 11 Uhr stattfinden mußte, ist schwer nachzuvollziehen. Die Auslastung
war jedenfalls entsprechend miserabel. Eigentlich soll eine derartige
Veranstaltung ja Lust auf die in der neuen Spielzeit laufenden Stücke
machen. Wenn jedoch von den einzelnen Beiträgen sieben schon aus der vergangenen
Spielzeit stammen und Wiederaufnahmen darstellen, einer überhaupt nicht
gespielt werden wird und lediglich fünf völlig neu sind, fragt man sich
schon, wie man einen Eindruck vom neuen Programm erhalten soll. Regelmäßige
Besucher dürften die bereits gelaufenen Produktionen bereits in Augenschein
genommen haben. Wenigstens einen der „Hits“ aus „Faust“ oder „Adriana
Lecouvreur“ hätte man schon erwarten können.
So
fing der Morgen schleppend mit Vorspiel und Liebestod aus „Tristan und
Isolde“ an, wobei das wenig inspirierte Dirigat von Roman BROGLI-SACHER
wenig dazu beitrug, daß die Müdigkeit verschwand. Immerhin spielte das
PHILHARMONISCHE ORCHESTER fehlerfrei.
Es
folgten drei Arien aus Verdis „Masnadieri“. Gerard QUINN sang eine ausgesucht
fesselnde, perfekt phrasierte Arie des Francesco, bei der die Bösartigkeit
dieser Figur aus jeder Pore zu strömen schien. Nach meinem Empfinden war
die Interpretation sogar noch stärker als in der Inszenierung, vermutlich
weil deren Sinnlosigkeit nicht von der gesanglichen Leistung ablenkte.
Bei Mario DIAZ wäre man für diese Ablenkung mehr als dankbar gewesen.
Seine Carlo-Arie war wie immer gepreßt, von Interpretation war keine Spur
zu entdecken. Dies kann man nur dann goutieren, wenn eine Stimme technisch
sicher und klanglich schön ist, was beides eben gerade nicht der Fall
ist. Mardi BYERS mit der zweiten Amalia-Arie hat die Sommerpause hörbar
gutgetan. Waren in den Vorstellungen im Juni technische Schwierigkeiten
und eine gewisse Beliebigkeit in der Phrasierung zu hören, sind erstere
fast und letztere vollständig verschwunden. Auch das Hascherlhafte ist
erfreulicherweise nicht mehr auffindbar. Joe TURPIN unterstützte Sopran
und Bariton angenehm als Arminio.
Nach
dem „Carmen“-Vorspiel zum vierten Akt wiederholte Chantal MATHIAS ihre
von der letzten Spielzeit bekannte Micaela mit warmen Ton und aufblühender
Höhe. Trotzdem hätte man gerne auch einmal wieder eine andere Partie von
ihr gehört, was dann später als Sandmann mit Augenzwinkern aus „Hänsel
und Gretel“ auch erfolgte. Annette PFEIFER und Stefanie KUNSCHKE mischten
ihre Stimmen perfekt für einen Abendsegen, der einen garantiert nicht
müde werden ließ.
Das
neue Ensemblemitglied Andreas HALLER, vor einigen Jahren bereits als Holländer
in Lübeck gastierend, machte mit der Gremin-Arie Lust auf mehr. Er verfügt
über eine sehr interessant timbrierte Baßstimme, die vielleicht nicht
mehr überall gleichmäßig anspringt, doch immer unter Kontrolle ist.
Die
leichte Muse wurde durch „Es grünt so grün“ aus der exemplarischen „My
fair Lady“-Produktion mit dem bestens aufgelegten Dream-Team Annette Pfeier,
Steffen KUBACH und Rainer LUXEM eingeleitet, gefolgt von zwei Ausschnitten
aus „Im Weißen Rößl“. Stefanie Kunschke und Patrick BUSERT schafften es
gutgelaunt mit „Die ganze Welt ist himmelblau“ auch ein von mir wenig
geschätztes Stück von aller Peinlichkeit zu entkleiden.
Der
CHOR erfreute mit einem schmissigen „Das ist der Zauber der Saison“. Schließlich
gab Steffen Kubach noch einen Vorgeschmack auf „La Cage aux Folles“ mit
„Die schönste Zeit“ und bewies wieder einmal, wie sehr er sich für dieses
Repertoire eignet. Die meisten Stücke wurden von Ludwig PFLANZ dirigiert,
über dessen Vielseitigkeit sich jedes Theater freuen müßte. Er dirigiert
Verdi, Humperdinck, Tschaikowsky und die leichte Muse auf gleich hohem
Niveau, ohne daß dabei die Spannung einmal nachläßt.
Umrahmt
wurde der Morgen von Ausschnitten aus „Verständigungsprobe für Orchester“
mit Simone MENDE, Doris SCHEFER, Martin SCHWARTENGRÄBER und dem unglaublich
amüsanten Andreas HUTZEL als Dirigenten, die Lust aufs Sprechtheater machten.
Die
Ansagen wurden wie üblich vom Intendanten Marc ADAM getätigt, bei dem
man das Gefühl nicht los wird, daß er sich dabei überhaupt nicht wohl
fühlt, was dann bestenfalls zu verkrampften Scherzen führt. Vielleicht
sollte man überlegen, die eigentlichen Ansagen jemand anderem anzuvertrauen?
MK
P.S.:
Kann sich eigentlich ein Theater, welches in finanziellen Schwierigkeiten
ist und in seiner derzeitigen Existenz bedroht ist, unfreundliches Kassenpersonal
leisten? Telefonische Fragen nach Besetzungen werden fast schon pampig
nicht beantwortet.
Zudem
sollte einmal darüber nachgedacht werden, ob nicht das Bestellsystem überholt
ist. Überweisungen oder Kreditkartenzahlungen bei telefonischer Bestellung
von außerhalb sind nicht möglich, Diskussionen, daß man die bestellten
Karten auf jeden Fall abholen wird, sind an der Tagesordnung. Sorry, aber
zumindest ich habe keine Schecks mehr; zur Absicherung tragen diese ja
auch nach Wegfall der Garantiesumme bei Euroschecks auch schwerlich noch
bei.
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