Im
Programmheft konnte man lang und ausführlich lesen, welche Gedanken sich
der Regisseur Alexander HAUER über diese tiefere Bedeutung einiger Texte
dieser Lehár-Operette gemacht hatte. Glücklicherweise fand nichts davon
Niederschlag in seiner Inszenierung. Man hätte sich allerdings auf etwas
mehr Tempo, mehr Personenführung und in einigen Fällen auch das Heranführen
der Darsteller an so wichtige Fragen wie das pointierte Sprechen oder
das sich Bewegen in einer Operettenrolle, konzentrieren können. Jeder
macht, was er kann, ist am Lübecker Theater z.Zt. bewährt und funktioniert
auch – allerdings eben nicht bei jedem der Akteure.
Besser
gelungen waren da Bühnenbild und Kostüme. Minimalismus muß gelernt sein.
Die Ausstattung dieser Inszenierung zeigte wieder, daß Michael GODEN dies
meisterlich beherrscht. Mittelpunkt war eine Treppe mit mehreren Auf-
bzw. Abgängen, frei von weiteren Kulissen auf der Drehbühne montiert und
somit von allen Seiten bespielbar. Und Camille de Rosillon bekam für seine
Liebeserklärung einen prachtvollen Sternenhimmel, der fast für das jegliche
Fehlen von Wolken entschädigte.
Chantal
MATHIAS war in der Titelrolle fehl am Platz. Nicht, daß sie die Partie
stimmlich nicht bewältigen kann, sie machte zumeist nichts falsch. Es
fehlte nur leider an jeglicher Form von Esprit, an Präsenz und an dem
so notwendigen Schwung. Sie bewies, daß der Name "Glawari" nichts mit
dem Wort Glamour zu tun hat. Auch der Danilo von Thomas MOHR entbehrte
jeglichen Charme. Nicht nur, daß er einen Parvenü-Alkoholiker darstellen
mußte, ihm fehlte jegliches Auftreten. Gesanglich war er mit der Partie
völlig überfordert. Weder war er den Höhen gewachsen, noch konnte er angemessen
phrasieren. Wortdeutlichkeit sollte keine Glückssache sein.
In
der Rolle des Camille de Rosillon zeigte Patrick BUSERT, daß er keine
Höhen fürchtet oder fürchten muß. Bei seiner Liebeserklärung an Valencienne
stimmte als einer der wenigen Augenblicke in dieser Vorstellung tatsächlich
alles. Natürliches Bewegungstalent und gute Prosa taten ein übriges, um
die vollendete Rolleninterpretation abzurunden.
Steffen
KUBACH verfügt über Spieltalent und -freude im Überfluß. (Schade, daß
das nicht ansteckend ist s.o.). Sein Zeta ist kein alter Trottel, sondern
ein selbstverliebter Kerl, der sicher ist, daß seine Frau keine anderen
Männern angucken würde, wo sie doch ihn hat. Gesanglich ist er tadellos
mit einer vorbildlichen Diktion. Seine angetraute anständige Frau Valencienne
war bei Lisa TJALVE in besten Händen. Gesanglich ließ sie einen in jeder
Lage wohlklingenden Sopran hören, erteilte darstellerisch in Sachen Charme
der Titelrollensängerin eine Lektion und tanzte wesentlich besser als
alle anderen weiblichen Darsteller.
Der
Njegus, von Ben HECKER übertrieben interpretiert, war eher störend, denn
amüsant, während Dimitri GOLOVNIN (St. Brioche), Benno SCHÖNING (Vicomte
Cascada) und der schon mehrfach positiv aufgefallene Lars JACOBSEN (Bogdanowitsch)
für den notwendigen Schmiß sorgten.
Einer
der Höhepunkt der Aufführung war sicherlich die von Zeta angeführte, getanzte
Variante des „Weibermarsches“. Höher als diese Herren mit Kubach an der
Spitze, kann man die Beine wohl kaum werfen. Den Grisetten fehlte es leider
an wirklichen tänzerischen Geschick. Mißlich, daß sie nicht nur in der
Darbietung von den Herren übertrumpft wurden, sondern die beste des Auftritts
eindeutig Valencienne war.
Das
PHILHARMONISCHE ORCHESTER und Ludwig PFLANZ sorgten für den nötigen Schwung
und den Beweis, daß Operette nicht in Wiener Walzerseligkeit ertrinken
muß, sondern durchaus musikalisch packend sein kann. Der CHOR machte seine
Sache im wesentlichen gut, war allerdings an einigen Stellen uneinheitlich
und bekleckerte sich beim Tanzen nicht unbedingt mit Ruhm. AHS & MK
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