Mit
dieser Überschrift wird das Musical nach nunmehr knapp fünfundzwanzigeinhalb
Jahren Laufzeit in London beworben. Und man muß sagen, grundsätzlich wirkt
das Stück in dieser Produktion noch immer frisch. Einzig der Maskenball
scheint nicht gut gealtert zu sein, die Kostüme wirken ebenso wie die
Choreographie erheblich in die Jahre gekommen. Man befürchtet irgendwie,
daß sich bei einer Berührung der Kostüme eine große Staubwolke erheben
könnte.
Es
war Earl CARPENTERs letzte Vorstellung in dieser Produktion (ab Oktober
2012 wird er die Rolle in der Tour übernehmen) als Phantom. Er nennt nicht
die größte Stimme sein Eigen, aber was er damit anfängt, ist mehr als
beeindruckend. Da sitzt jede einzelne Phrase, "Music of the Night" wird
so zu einem Psychogramm einer zutiefst zerrissenen Kreatur. Sein Phantom
ist überlegen, übermächtig, wenn er das Theater beherrscht, aber sobald
es um seine Gefühle geht, wird er unsicher, verletzlich und verletzbar.
Wenn Christine ihn am Ende küßt, wirkt er davon vollkommen überfordert,
weiß nicht, wie er mit soviel unbekannter Nähe umgehen soll. All dies
nur mit der Stimme und der Körperhaltung ausgedrückt zu sehen - viel Mimik
steht ja in dieser Rolle aufgrund der Maske nicht zur Verfügung - ist
atemberaubend.
Ich
kann mir derzeit keinen besseren Raoul vorstellen als Killian DONNELLY.
Er schafft es den jungen Vicomte von dem langweiligen "Schaf", als das
er ursprünglich angelegt war, wegzubringen zu einem jungen, entschlossenen
Mann, der eine echte Herausforderung für das übermächtige Phantom darstellt.
Zudem hat er die stimmlichen Möglichkeiten, mehr als einfach nur nett
zu klingen.
Mit
Sofia ESCOBAR als Christine konnte ich mich leider nicht wirklich anfreunden.
In der Darstellung blieb sie allgemein, und die Stimme scheint einfach
nicht auszureichen, die ganze Partie zu durchmessen. Man kann sich einfach
nicht erklären, warum sich zwei ziemlich faszinierende Männer ausgerechnet
für sie interessieren.
Gareth
SNOOKs André war ich schon bei der Übertragung des 25th anniversary concerts
im November 2011 verfallen, soviel Spielfreude und Timing bringt er mit,
daß er ganze Szenen stehlen könnte, wäre die Besetzung nicht ansonsten
so gut. Duncan SMITH (Firmin) steht ihm da wenig nach, zudem bildet er
sowohl stimmlich als auch darstellerisch einen schönen Kontrast. Schon
beim ersten Auftritt kann man seine Vorgeschichte als Emporkömmling wie
ein Buch lesen.
Wendy
FERGUSON hat sichtlich unendlich viel Spaß an der Carlotta, der sich ohne
weiteres auf das Publikum überträgt. Unüberhörbar ist dabei, daß sie wirklich
singen kann und nicht versehentlich die unangefochtene Primadonna des
Hauses war. Jeremy SECOMB unterstützt sie als Piangi mit viel Selbstironie
und beachtlichen Stentortönen.
Cheryl
McAVOY ist eine gute, wenn auch manchmal etwas wortundeutliche Madame
Giry, Anna FORBES' Meg wirkt, als wäre sie nichts als ein kleines Schulmädchen
und klingt dabei leider auch so.
Don
Attilio in der "Il Muto"-Oper fiel ebenso positiv auf (was für Baßtöne!)
wie die weiteren vier Nebenrollen dieses Stückes. Leider waren die Namen
dieser Nebenrollen nicht auf dem Aushang vermerkt (und Duncan Smith, der
für den Don Attilio im Programmheft stand, sang Firmin).
Die
ebenso namenlose musikalische Leitung blieb unauffällig. MK
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