Wie
kann ich Menschen zu neuer Musik bringen? Und das, ohne daß sie wiederum
schnell die Flucht ergreifen und ich vor einem leeren Haus stehe? Und
warum gibt es im zeitgenössischen Repertoire eigentlich fast keine komischen
Opern? Diese Fragen stellen sich wahrscheinlich (oder hoffentlich) viele
Intendanten.
In
Köln hat man sich an eine Lösung gewagt. Die beiden Kölner Autoren Bernd
Schröder und Elke Heidenreich wurden beauftragt kurze humorvolle Libretti
zu schreiben, die wiederum an fünf Komponisten gegeben wurden. Und nun,
nachdem alle Mini-Opern an einem Abend uraufgeführt wurden, werden sie
in Zukunft, nach Vorbild der Zwischenaktmusiken der Barockoper, einzeln
in den Pausen der „großen“ Opern gespielt werden. Wer mag schaut zu, wer
das nicht möchte, kann wie gewohnt zu Sekt und Schnittchen gehen.
Zwei
der Komponisten knüpfen in ihren Werken musikalisch an die letzte große
Zeit der komischen oder absurden Oper an, den zwanziger Jahren mit ihren
Einflüssen des Jazz. So gibt es in Detlef Glanerts „Ich bin Rita“, in
dem ein Mann nach einer durchzechten Nacht in seiner Wohnung auf die ihm
unbekannte Rita trifft, die ihm seine Ausfälle der vergangenen Nacht erzählt
bis hin zur Verlobung mit eben jener Rita, Anklänge etwa an Hindemiths
„Hin und zurück“.
Oder
Tilo Medeks „Der Überfall“ läßt in seiner Besetzung mit Kontrabaß, Klavier
und Trommel an Martinu denken. Hier überfällt ein junger Mann ein Juweliergeschäft,
wird aber von der Besitzerin durch nervtötendes Gerede zur Verzweiflung
und von seiner Tat abgebracht.
Eine
jeweils etwas größere Besetzung mit fast konventioneller Orchesterbehandlung
haben „Mutter lernt Englisch“ von Georg Graewe und „Ein klares Wort“ von
Marc Aurel Floros. In diesen Stücken entsteht die Komik in erster Linie
durch die Geschichten.
Musikalisch
am eigenwilligsten zeigt sich Jan Müller-Wieland in „Die chinesische Wäscherei“.
Seine Besetzung mit Vibraphon, Tempelblock und (Fern-)Trompete entwickelt
eine sehr eigene Sprache und unterstreicht aus sich heraus die Geschichte
vom unbeholfenen Witwer, der um der neugierigen Nachbarin mit ihren Hilfsangeboten
aus dem Weg zu gehen, seine Hemden in die chinesische Wäscherei bringt,
dort aber am Fremden scheitert.
Christian
SCHULLER hat alle Stücke sorgfältig in Szene gesetzt, und Rupert BURLEIGH
bzw. Michael AVERY leiten die Musiker vom Kölner GÜRZENICH-ORCHESTER.
Auch die elf Sänger und Sängerinnen werfen sich mit Spielfreude in die
jeweils knapp zehnminütigen Stücke.
So
bekommt man in Köln also in Zukunft zwei Opern zum Preis von einer. Und
das mit ungewohntem Humor, eine Investition, die sich lohnen sollte. KS
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