Auch
mit dem Abstand von mehreren Tagen kann ich nicht sagen, was genau mir
Karoline GRUBER mit ihrer Inszenierung sagen wollte. Wollte sie überhaupt
etwas sagen? Im ersten Akt verwandelt sich Brigitta in Marie/Marietta,
wird dann durch die Sängerin dieser Rolle ausgetauscht. Am Schluß ist
Marietta hochschwanger, wird dann wieder durch Brigitta ersetzt, die auch
schwanger ist, was aufgrund des letzten Auftrittes von Marietta vollkommen
unverständlich wird. Soll dies so interpretiert werden, daß Paul Marie
in allen Frauen sieht? Aber warum fängt er dann nicht gleich etwas mit
der (hier sehr attraktiven) Brigitta an?
Daß
Brügges Hafen versandet, und die Stadt deswegen stirbt, wird dadurch sichtbar
gemacht, daß der Bühnenboden eine Mischung aus Meeresboden und Strand
darstellt (Bühnenbild Roy SPAHN). Leider ähnelt dieses Ambiente eher einem
Beachclub als einem untergehenden Hafen, der ab dem 2. Akt noch dadurch
angedeutet wird, daß sich ein rostiges Schiff sich auf der Bühne befindet.
An dessen Bug muß Frank mal mit einem, mal mit zwei schwarzen Engelsflügeln
sitzen. Die "Robert le diable"-Szene erscheint geradezu lächerlich, weil
sie als Schattenspiel hinter einem Tuch stattfindet, und der Schattenriß
des Teufels leider eher dem Osterhasen ähnelt.
Im
3. Akt ist dann der Chor als lebende Tote unterwegs. Das wäre als Einfall
durchaus zu diskutieren, wenn denn auch ansonsten eine Personenregie stattfinden
würde. Diese ist, wie auch schon den Rest des Abends über, jedoch fast
nicht vorhanden. Immerhin kann man über die Kostüme von Mechthild SEIPEL
hauptsächlich nichts Gutes sagen, auch wenn nie ganz klar wird, warum
die vier Schauspieler alle grünliche Kleidung, Haare und Requisiten mit
Meeresbezug erhalten haben.
Leider
war auch die Besetzung der beiden Hauptpartien mehr als problematisch.
Als Paul bot Klaus Florian VOGT darstellerisch kaum Präsenz; ich vergaß
seine Anwesenheit mehr als einmal, wenn er sich auf der Bühne befand,
aber nichts zu singen hatte. Gesanglich gab es einige gelungene Phrasen,
die jedoch in der Summe sehr gleichförmig klangen. Keine, der vielen Versuche,
in den höheren Lagen piano zu singen, war von einem wirklichen Erfolg
gekrönt.
Meagan
MILLER hätte sicherlich die Hand der Regisseurin brauchen können. Es war
kaum einmal zu erkennen, was eigentlich in ihrer Figur vorging, und eine
verruchte Tänzerin vermochte ich ihr in keinem Moment abzunehmen. Ihre
Stimme war nicht unangenehm, sie hatte auch die geforderten Töne, aber
sie konnte niemals irgendwie tiefer berühren.
Lauri
VASAR hingegen war als Frank/Fritz alles das, was die beiden vorgenannten
nicht waren. Er vermochte zu ergreifen, er war präsent, er holte alles
aus der Figur heraus. Sein "Mein Sehnen, mein Wähnen" war erstklassig.
Der Bariton schaffte es sogar, die alberne Tanzeinlage mit Engelsflügeln
auf dem Tisch hinter sich zu bringen, ohne peinlich zu wirken.
Die
Brigitta von Cristina DAMIAN war gesanglich ohne jeden Tadel. Man konnte
sich jedoch des Eindrucks nicht entwehren, daß der Regisseurin zu dieser
Figur nun überhaupt nichts eingefallen war, denn die Sängerin wirkte sehr
von der Regie allein gelassen.
Juliette
(Mélissa PETIT), Lucienne (Gabriele ROSSMANITH), Graf Albert (Jürgen SACHER)
und Victorin (Jun-Sang HAN) waren bestens aufeinander eingespielt und
dürften so hochklassig an wenigen Häusern besetzt werden können.
Simone
YOUNG und die HAMBURGER PHILHARMONIKER boten einen nahezu perfekten Korngold-Klang.
Sie werden dem Schwelgen und der Sinnlichkeit der Musik vollkommen gerecht,
so daß man fast trunken von der Musik das Haus verließ. Dabei schaffte
es die Dirigentin ohne weiteres, absolut sängerfreundlich zu dirigieren,
dabei jede Nuance des Stückes auszuleuchten. Es wäre schön gewesen, wenn
man von dem, was aus dem Graben an Interpretation kam, nur ein Zehntel
in der Inszenierung gesehen hätte.
Der
CHOR unter Eberhard FRIEDRICH sang auf inzwischen fast schon gewohnt hohem
Niveau und erledigte die Zombie-Parade während der Prozession mit Anstand.
MK
|