Es
gibt diese Vorstellungen, von denen man sich einen netten Abend verspricht,
aber keine unvergeßlichen Erlebnisse, und plötzlich feststellt, daß da
ein perfekt aufeinander abgestimmtes Ensemble auf der Bühne steht, welches
überaus spontan und mit überbordender Spielfreude agiert.
Die
Inszenierung von Gilbert DEFLO hindert das Spiel nicht; stattdessen hat
man den Eindruck, daß ein Sänger zwischendurch eigene Einfälle einbringt,
auf welche der jeweilige Partner dann vollkommmen natürlich und schlagfertig
reagiert. Eine wirklich ganz große Ensembleleistung, wobei dies nicht
bedeuten soll, daß die stimmlichen Einzelleistungen untergingen.
Rodion
POGOSSOVs Figaro Spielfreude zu unterstellen, wäre eine gewaltige Untertreibung.
Er ist immer in Bewegung, immer hochpräsent, zu jedem Zeitpunkt bereit,
zu reagieren. Seine stimmliche Leistung ist dabei exzellent, ohne jeden
Makel, selbst wenn er noch so über die Bühne tobt. Er dürfte zudem unter
den Sängern seiner Generation der beste Imitator anderer Stimmen sein.
Daß
Edgardo ROCHA als Almaviva hier ohne weiteres mithalten kann und auf die
spontanen Einfälle Pogossovs ebenso spontan reagiert, ohne je zu überziehen,
ist nicht selbstverständlich. Zudem verfügt der Tenor über ein angenehmes,
alles andere als weißes, Timbre und einen weichen Tonansatz, wobei er,
wenn nötig, auch attackieren kann.
Tara
ERRAUGHT zeigte sich enorm verbessert im Gegensatz zu ihrer Rosina vom
Mai 2012, die mich wenig begeistert hatte. Die Stimme klingt jetzt wie
aus einem Guß mit einer außergewöhnlich guten Höhe, und ihr Spielwitz
steht inzwischen dem der beiden oben genannten Herren in nichts nach.
Sie gestaltet nunmehr die Partie auch vorbildlich.
Katja
PIEWECK, die sich inzwischen ein ganz anderes dramatisches Repertoire
erarbeitet hat und für die Berta somit eine Überüberbesetzung ist, hat
trotzdem Spaß daran, und leistet sich am Ende ihrer Arie einen echt hochdramatischen
Spitzenton, über den sie dann selbstironisch erschrickt.
Als
Basilio erinnerte Tigran MARTIROSSIAN erneut daran, daß er keineswegs
auf das seriöse Fach festgelegt ist, sondern eben auch ein großer Komödiant
sein kann. Sein letztes "Buona sera" im zweiten Akt bekam dann mit großer
Baßdramatik fast eine tragikomische Note.
Renato
GIROLAMI ist als Bartolo seit Jahren eine vertraute Größe; kaum jemand
in diesem Fach verfügt über ein vergleichbar schnelles Parlando, ein komödiantisches
Timing und dabei stimmliche Kraft. In diesem Umfeld jedoch wächst er noch
über sich hinaus, da alles, was er gibt, auch von den Partnern zurückkommt.
Das
einzige, was das Vergnügen des Abends leider etwas trübte, war das wenig
animierte, manchmal gar langatmige Dirigat von Daniel CARTER, was keineswegs
einer Mattigkeit nach den vergangenen Feiertagen geschuldet sein kann,
da die Vorstellungen am 22. und 30. Dezember 2014 ähnlich klangen. Die
PHILHARMONIKER HAMBURG waren auch nicht gerade bestens aufgelegt. MK
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