Die
Inszenierung von Willy DECKER stammt schon aus dem Jahre 2002, wurde seitdem
jedoch erst zum fünfzehnten Male gespielt. Grund könnte die wenig überzeugende
Auslastung sein, es waren zahlreiche Plätze leer.
So
ganz nachzuvollziehen ist es nicht, denn Decker erzählt die Geschichte
stringent, ohne große Mätzchen und nachvollziehbarer Personenregie. Das
Bühnenbild (Wolfgang GUSSMANN, Mitarbeit Stefan HEINRICHS) besteht aus
Holzwänden, die sich bei jedem Versuch Katjas, sich aus der Enge zu befreien,
nach oben und zur Seite öffnen, sowie zahlreichen Vogelbildern. Die Kostüme
(auch Gussmann) sind vielleicht ein bißchen zu einheitlich, was es auf
die Entfernung schwierig macht, die einzelnen Personen sofort zuzuordnen.
Die Beleuchtung von Hans TOELSTEDE ist besonders stimmungsvoll, insbesondere
die diversen Spiele mit Licht und Schatten.
In
der Titelrolle war dieses Mal Dina KUZNETZOVA zu erleben. Darstellerisch
spielt sie sich fast wund, immer präsent, immer in ihrer Verletzlichkeit
und ihrem Freiheitsdrang beinahe greifbar. Gesanglich fehlt noch etwas
zu einer ganz großen Leistung. In der oberen Mittellage gibt es einen
Bereich, in dem die Stimme nicht so vollkommen aufzublühen in der Lage
ist, wie bei den restlichen Tönen. Das nimmt bei den großen Ausbrüchen
leider einen Teil der Wirkung. Wenn sich dies noch abstellen ließe, stünde
einer Weltklasseinterpretation nichts mehr entgegen.
Torsten
KERL als Boris konnte weit weniger überzeugen. Zum einen fiel er schon
deswegen negativ auf, weil er als einziger nicht einmal den Versuch machte,
seine Rolle zu interpretieren, zum anderen wirkte er auch gesanglich irgendwie
desinteressiert. Man konnte ihm keine Sekunde lang abnehmen, daß er leidenschaftlich
verliebt ist. Der eine oder andere angestrengte Ton half da auch nicht
wirklich. Besser war es um den eingesprungenen Hans-Georg PRIESE als Tichon
bestellt. Zwar gab es auch hier den einen oder anderen forcierten Ton,
aber als Figur war er grandios in seiner Unfähigkeit, sich seiner Mutter
zu widersetzen, und diese merkwürdige Frau, die er geheiratet hatte, tatsächlich
zu verstehen.
Renate
SPINGLER ist rollengerecht als Kabanicha eine Schwiegermutter direkt aus
der Hölle. Voller Strenge, voller Bösartigkeit, aber ohne dabei zu keifen,
sondern mit vollkommen intakter Stimme durchmißt sie die Partie. Eine
tolle Leistung! Tigran MARTIROSSIAN als Dikoj spielt einen herrischen
Dorfältesten, der sich im zweiten Akt als betrunkener Liebhaber der Kabanicha
Momente voll bitterer Komik leistet Daß er prachtvoll singt, ist bei ihm
ja fast schon eine Selbstverständlichkeit.
Heimliche
Stars des Abends waren Dovlet NURGELDIYEV und Maria MARKINA als Wanja
Kudrjasch und Vavara. Man konnte sich kaum satt hören an diesen beiden
Stimmen, die perfekt geführt und voller Emphase ihre Geschichte erzählten.
Daß beide Sänger auch absolut glaubhaft zwei junge, idealistische, frisch
verliebte Menschen darstellten, rundete diese Figuren ab.
Der
eingesprungene Thomas FLORIO als Kuligin war überaus präsent, die Glascha
von Ida ALDRIAN ließ erneut aufhorchen.
Im
Graben schwelgte Lothar ZAGROSEK durch die Partitur, wobei das Ganze fast
ein wenig zu pucciniesk glatt klang, aber eben nur fast. Die PHILHARMONIKER
HAMBURG waren tadellos, gleiches gilt für die CHOR, der für die nicht
allzugroßen Aufgaben wieder gut von Eberhard FRIEDRICH einstudiert war.
MK
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