Würde
man eine Aufnahme dieser Abende jemanden unvorbereitet vorspielen, ohne
die Sängernamen oder den Aufnahmeort zu verraten, würde sicherlich ein
wildes Gerate mit den Namen absoluter Weltstars einsetzen. Kaum jemand
würde erraten, daß alle fünf Sänger Ensemblemitglieder bzw. Mitglieder
des Opernstudios der Hamburgischen Staatsoper sind, denn ihre Leistungen
in der auch nach siebenunddreißig Jahren bezaubernden Inszenierung von
Jean-Pierre PONNELLE konnten sich locker mit denen der bekanntesten Rollenvertretern
messen. Andere Opernhäuser muß eigentlich der blanke Neid packen.
Da
ist Dovlet NURGELDIYEV als Nemorino, den man einfach ins Herz schließen
muß. Er singt mit seiner wunderschön timbrierten Stimme, die keine Probleme
zu kennen scheint, und in jeder Lage, jeder dynamischen Abstufung gleich
qualitätsvoll ist, endlose Phrasen, die spontan wirken, aber immer zur
Figur passen. Für die vorbildliche Behandlung von Nemorinos Stoffschaf
gibt es eine bisher noch niemals vergebene "1 + mit drei Sternchen".
Dann
ist da Katerina TRETYAKOVA, die Adina eine ungeahnte emotionale Tiefe
gibt, wenn sie nämlich deutlich macht, daß auch sie in dem Spiel mit der
Zurückweisung Nemorinos so gefangen ist, daß sie sich allein daraus nicht
mehr zu befreien vermag, obgleich sie es längst satt hat. Die Koloraturen
singt sie, als gäbe es nichts einfacheres auf der Welt, um dann damit
sogar noch zu charakterisieren.
Tigran
MARTIROSSIAN (Dulcamara) würde man wahrscheinlich alles abkaufen, so viel
Charme entwickelt er, während er mit sichtlichem Spaß dieses Schlitzohr
verkörpert. Gesanglich kostet er jede komödiantische Nuance genüßlich
aus.
Mit
Vincenzo NERI sprang als Belcore ein Mitglied des Internationalen Opernstudios
ein, der bisher nur in kleinen Rolle zu hören war. Er nutzte seine Chance
geradezu optimal, gewann nach wenigen Minuten an Selbstbewußtsein, und
stellte ein köstlich gockelndes Mannsbild auf die Bühne. Stimmlich bereiteten
ihm weder die Koloraturen, noch die sonstigen Passagen irgendwelche Schwierigkeiten,
die Stimme ist angenehm timbriert und vermag zu phrasieren. Es fallen
einem spontan einige anderen Rollen ein, die man gerne von ihm hören würde.
Als
Gianetta ergänzte Anat EDRI und hielt das hohe Niveau der Besetzungen
in dieser Rolle. Gerade im sogenannten "Flüsterchor" konnte sie richtig
aufdrehen und einen nicht allzugroßen, aber gut geführten Sopran präsentieren.
Die
HAMBURGER SYMPHONIKER spielen nur wenige Vorstellungen pro Saison in der
Hamburgischen Staatsoper, machten ihre Sache aber wie meist, sehr gut.
Am Pult hingegen sorgte Joana MALLWITZ für heftige Irritationen auf der
Bühne. Von drei besuchten Vorstellungen kam es in allen dreien an der
gleichen Stelle zu Koordinierungsschwierigkeiten bis hin zum Ausstieg
im Finale des ersten Aktes. Wäre der auch ansonsten tadellose CHOR nicht
so routiniert gewesen, hätte der Moment in einem Desaster enden können.
MK
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