Mit
ein wenig Nachdenken könnte man Verdis vierte Oper als ein fehlgeschlagenes
Aufeinandertreffen zweier Kulturen und Religionen inszenieren, in welchem
die Schicksale der einzelnen Personen auf der Strecke bleiben und zwischen
den Gegensätzen zermalmt werden. Giseldas pazifistischer Ausbruch am Ende
des zweiten Aktes ist zeitlos aktuell. Nur leider hat sich Regisseur David
ALDEN dafür entschieden, etwas auf die Bühne zu stellen, was hart an der
Parodie vorbeigeht. Szenisch stellte dieses Stück den Tiefpunkt der drei
frühen Verdi-Opern dar.
Es
passierte nichts, was das Verhalten der Figuren auch nur ansatzweise erklärte,
die Chorführung wirkte so belanglos, daß man sich schon fast danach sehnte,
den Chor wieder dauerhaft auf den aus "Battaglia" und "Foscari" bekannten
Balkon zu verbannen, und irgendwie konnte man sich des Eindrucks nicht
erwehren, bestimmte Versatzstücke schon in einem Dutzend anderer Produktionen
gesehen zu haben - und zwar besser.
Das
Bühnenbild von Charles EDWARDS stellte im ersten Akt einen Bankettsaal
dar, im zweiten war es eigentlich nicht vorhanden und nach der Pause gab
es viel angedeuteten Sand (ach, ja, man mußte ja das Publikum erinnern,
daß man sich irgendwo in der Wüste befindet). Das Licht von Adam SILVERMAN
war auch dieses Mal entschieden zu dunkel. Brigitte REIFFENSTUELs Kostüme
konnten hier wiederum nicht überzeugen.
Diesmal
war die Choreografie von Maxine BRAHAM leider nicht unauffällig, sondern
irgendwo zwischen lächerlich und peinlich. Neckisch herumhüpfende Choristinnen
im Nikab sind einfach nur albern, und die Kampfszenen wirkten auch nicht
gerade überzeugend, zumal es etwas merkwürdig anmutet, wenn Giselda einen
halben Akt nach ihrem Friedensplädoyer derartig zuschlägt, ohne dabei
auch nur zu zögern.
Elza
VAN DEN HEEVER (Giselda) wirkte den ganzen Abend gesanglich merkwürdig
unbeteiligt. Es mangelte ganz erheblich an Attacke, so daß diese vielschichtige
Figur mit ihren Ausbrüchen praktisch verpuffte. Daß sie zudem im ersten
Akt kleinmädchenhaft herumhüpfen mußte und in der letzten Szene fast im
Dekor unterging, half auch nicht.
John
RELYEA als Pagano bot wenig Anlaß für Begeisterung. Es fehlte ihm nicht
nur an Persönlichkeit, was dazu führte, daß man die Figur gar nicht mehr
nachvollziehen kann, sondern auch an Geläufigkeit in den Koloraturen.
Warum er ab dem 2. Akt ausstaffiert war, wie etwas, das den Monty-Pythons-Sketchen
mit dem Schiffbrüchigen entflohen zu sein schien, blieb unklar, ebenso
seine Behausung à la Doctor Whos Tardis.
Viel
Präsenz brachte auch Dimitri PITTAS (Oronte) nicht mit. Auch stimmlich
machte der Tenor nicht viel aus der ihm anvertrauten Partie. Hier ginge
durchaus mehr - bei einer anderen Besetzung.
Üblicherweise
wird Arvinio im Gegensatz zu Oronte eher schwächer besetzt. Hier war es
andersherum. Massimiliano PISAPIA hatte überhaupt kein Problem, sich entsprechend
durchzusetzen. Es hätte des makellosen Spitzentons, den er am Ende seiner
großen Szene ins Publikum schleuderte, nicht bedurft, um klarzustellen,
wer die Tenorkrone hier trägt. Er war im übrigen auch darstellerisch jederzeit
präsent.
Cristina
DAMIAN veredelte Arvinos Frau Viclinda nicht nur mit einer tadellosen
gesanglichen Leistung, sondern auch einem Auftreten, das deutlich machte,
weswegen sich die Brüder ihretwegen entzweit hatten.
Als
Paganos Komplize Pirro stahl Szymon KOBYLINSKI alle Szenen, in denen er
vorkam. Dovlet NURGELDIYEV ließ als Prior wieder erahnen, daß die eine
oder andere Verdi-Partie nicht mehr in so weiter Ferne liegen dürfte.
Solen MAINGUENÉ (Sofia) blieb hier eher unauffällig. Wilhelm
SCHWINGHAMMER war als Acciano leider komplett überbesetzt. Weshalb die
Staatsoper in den Verdi-Produktionen auf ihr Baß-Potential beinahe komplett
verzichtete, ist wahrlich nicht nachzuvollziehen.
Das
ORCHESTER unter Leitung von Simone YOUNG kam nicht ganz an Leistung in
den "Foscari" heran, spielte aber einen durchaus überdurchschnittlich
guten Verdi. Warum Konradin SEITZER das Violin-Solo auf der Bühne absolvieren
mußte und auch die restliche Szene dort verblieb, ist nicht festzustellen.
Seiner grandiosen Sololeistung tat das glücklicherweise keinen Abbruch.
Den
heftigsten Applaus des Abends teilte sich Seitzer mit dem CHOR (Leitung
Eberhard FRIEDRICH), der erneut schlichtweg sensationell sang. AHS & MK
|