"I LOMBARDI ALLA PRIMA CROCIATA" - 13. November 2013

Mit ein wenig Nachdenken könnte man Verdis vierte Oper als ein fehlgeschlagenes Aufeinandertreffen zweier Kulturen und Religionen inszenieren, in welchem die Schicksale der einzelnen Personen auf der Strecke bleiben und zwischen den Gegensätzen zermalmt werden. Giseldas pazifistischer Ausbruch am Ende des zweiten Aktes ist zeitlos aktuell. Nur leider hat sich Regisseur David ALDEN dafür entschieden, etwas auf die Bühne zu stellen, was hart an der Parodie vorbeigeht. Szenisch stellte dieses Stück den Tiefpunkt der drei frühen Verdi-Opern dar.

Es passierte nichts, was das Verhalten der Figuren auch nur ansatzweise erklärte, die Chorführung wirkte so belanglos, daß man sich schon fast danach sehnte, den Chor wieder dauerhaft auf den aus "Battaglia" und "Foscari" bekannten Balkon zu verbannen, und irgendwie konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, bestimmte Versatzstücke schon in einem Dutzend anderer Produktionen gesehen zu haben - und zwar besser.

Das Bühnenbild von Charles EDWARDS stellte im ersten Akt einen Bankettsaal dar, im zweiten war es eigentlich nicht vorhanden und nach der Pause gab es viel angedeuteten Sand (ach, ja, man mußte ja das Publikum erinnern, daß man sich irgendwo in der Wüste befindet). Das Licht von Adam SILVERMAN war auch dieses Mal entschieden zu dunkel. Brigitte REIFFENSTUELs Kostüme konnten hier wiederum nicht überzeugen.

Diesmal war die Choreografie von Maxine BRAHAM leider nicht unauffällig, sondern irgendwo zwischen lächerlich und peinlich. Neckisch herumhüpfende Choristinnen im Nikab sind einfach nur albern, und die Kampfszenen wirkten auch nicht gerade überzeugend, zumal es etwas merkwürdig anmutet, wenn Giselda einen halben Akt nach ihrem Friedensplädoyer derartig zuschlägt, ohne dabei auch nur zu zögern.

Elza VAN DEN HEEVER (Giselda) wirkte den ganzen Abend gesanglich merkwürdig unbeteiligt. Es mangelte ganz erheblich an Attacke, so daß diese vielschichtige Figur mit ihren Ausbrüchen praktisch verpuffte. Daß sie zudem im ersten Akt kleinmädchenhaft herumhüpfen mußte und in der letzten Szene fast im Dekor unterging, half auch nicht.

John RELYEA als Pagano bot wenig Anlaß für Begeisterung. Es fehlte ihm nicht nur an Persönlichkeit, was dazu führte, daß man die Figur gar nicht mehr nachvollziehen kann, sondern auch an Geläufigkeit in den Koloraturen. Warum er ab dem 2. Akt ausstaffiert war, wie etwas, das den Monty-Pythons-Sketchen mit dem Schiffbrüchigen entflohen zu sein schien, blieb unklar, ebenso seine Behausung à la Doctor Whos Tardis.

Viel Präsenz brachte auch Dimitri PITTAS (Oronte) nicht mit. Auch stimmlich machte der Tenor nicht viel aus der ihm anvertrauten Partie. Hier ginge durchaus mehr - bei einer anderen Besetzung.

Üblicherweise wird Arvinio im Gegensatz zu Oronte eher schwächer besetzt. Hier war es andersherum. Massimiliano PISAPIA hatte überhaupt kein Problem, sich entsprechend durchzusetzen. Es hätte des makellosen Spitzentons, den er am Ende seiner großen Szene ins Publikum schleuderte, nicht bedurft, um klarzustellen, wer die Tenorkrone hier trägt. Er war im übrigen auch darstellerisch jederzeit präsent.

Cristina DAMIAN veredelte Arvinos Frau Viclinda nicht nur mit einer tadellosen gesanglichen Leistung, sondern auch einem Auftreten, das deutlich machte, weswegen sich die Brüder ihretwegen entzweit hatten.

Als Paganos Komplize Pirro stahl Szymon KOBYLINSKI alle Szenen, in denen er vorkam. Dovlet NURGELDIYEV ließ als Prior wieder erahnen, daß die eine oder andere Verdi-Partie nicht mehr in so weiter Ferne liegen dürfte. Solen MAINGUENÉ (Sofia) blieb hier eher unauffällig. Wilhelm SCHWINGHAMMER war als Acciano leider komplett überbesetzt. Weshalb die Staatsoper in den Verdi-Produktionen auf ihr Baß-Potential beinahe komplett verzichtete, ist wahrlich nicht nachzuvollziehen.

Das ORCHESTER unter Leitung von Simone YOUNG kam nicht ganz an Leistung in den "Foscari" heran, spielte aber einen durchaus überdurchschnittlich guten Verdi. Warum Konradin SEITZER das Violin-Solo auf der Bühne absolvieren mußte und auch die restliche Szene dort verblieb, ist nicht festzustellen. Seiner grandiosen Sololeistung tat das glücklicherweise keinen Abbruch.

Den heftigsten Applaus des Abends teilte sich Seitzer mit dem CHOR (Leitung Eberhard FRIEDRICH), der erneut schlichtweg sensationell sang. AHS & MK