Der
Abend war so schnell ausverkauft, daß man sicherlich leicht auch einen
doppelt so großen Raum wie die kleine Opera stabile hätte füllen können.
Katerina TRETYAKOVA und Dolvet NURGELDIYEV haben sich inzwischen zu gar
nicht mehr so heimlichen Stars des Hamburger Ensembles gemausert. Es sollte
aus Anlaß des Verdi-Jahres der unbekanntere Verdi der frühen Jahre zu
Gehör gebracht werden.
Begleitet
vom sehr animierten Pianisten Rupert BURLEIGH gab es Arien und ein Duett
aus "I Lombardi", "Jérusalem" und "Il Corsaro" sowie sechs Lieder aus
den anni di galera zu hören.
Katerina
Tretyakovas Stimme ist inzwischen in der Mittellage gewachsen und hat
eine aparte dunkle Färbung angenommen, ohne daß dies an der Qualität der
Spitzentöne etwas geändert hat. Ihre für November 2013 angekündigte Lucia
kann mit freudiger Spannung erwartet werden.
Dovlet
Nurgeldiyev wußte zu phrasieren und lange Bögen auszukosten. Gerade im
Lied "Il poveretto" kam das wertvolle Timbre ganz besonders zur Geltung.
Schade, daß der Tenor im Rahmen der drei frühen Verdi-Opern im Großen
Haus im Oktober/November nur Kleinrollen zu singen hat; der Oronte konnte
sich nämlich hören lassen.
Daß
diese beiden Stimmen auch noch perfekt harmonieren, war dann in dem abschließenden
"Corsaro"-Duett festzustellen, wobei der Tenor mit dramatischer Attacke
auf die lyrischen Gesänge des Soprans reagierte. Natürlich
ging der Abend nicht ohne die unvermeindliche Zugabe des "Traviata"-Brindisi
zuende. Am Ende hatte man eine ganze Reihe von Ideen, welche Verdi-Rollen
man von diesen beiden Sängern kurz- und langfristig hören möchte.
Natürlich
gab es ein Haar in der Suppe. Christoph SCHWANDT, der aus seiner Verdi-Biographie
zwischen den musikalischen Beiträgen las. Einmal davon abgesehen, daß
die gelesenen Abschnitte viel zu langatmig und mit Details gespickt waren,
die für diesen Rahmen weder interessant, noch angemessen waren (spontaner
Gedanke, als er sehr ausgiebig darüber las, wie Verdis Eltern nun nach
Sant'Agata zogen: "Gleich erzählt er auch noch, welches Saatgut Carlo
Verdi gekauft und was er dafür bezahlt hat."), finde ich es inzwischen
einfach billig, sich immer noch von oben herab über die Libretti lustig
zu machen. Die entsprechenden Witzchen werden nicht komischer, nur weil
man sie seit hundert Jahren wiederholt.
Weswegen
ist es eigentlich bei Verdi ein Mangel, wenn Geschehnisse nur berichtet
werden (wie im "Trovatore"), bei Wagner aber nicht (wie in der "Walküre")?
MK
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