Die
Produktion hatte aus meinem Bekanntenkreis so viele Vorschußlorbeeren
bekommen, so gut konnte sie eigentlich nicht sein… Um es kurz zu machen:
sie ist tatsächlich so gut und zudem ein perfektes Beispiel für die sanfte
Modernisierung eines Stücks. Renaud DOUCET (Inszenierung und Choreographie)
ist es gelungen, die Geschichte in einen neuen Kontext zu setzen, ohne
die eigentliche Geschichte zu zerstören.
Gezeigt
wird die italienische Version vom Aschenputtel in Bühnenbildern und Kostümen
(André BARBE), die den Science Fiction-Filmen der 20er Jahren entnommen
zu sein scheinen. Rahmen für die Handlung ist eine Art Castingshow, mit
der Prinz Ramiro seine Braut sucht. Trotz der deutlich sichtbaren Medienkritik
war es stets noch Rossinis Oper, die gegeben wurde. Definitiv ein Meisterwerk
an zeitgenössischer Opernregie.
Star
des Abends war so unbestritten wie verdient Maria MARKINA. Als Angelina
bot sich dem Mezzosopran die Chance all ihre gesanglichen Fähigkeiten
und eben auch ihr Talent zur Komik auszuleben. Eine Chance, die sie nicht
ungenutzt ließ. Sie war der quirlige Mittelpunkt, die Primadonna (ohne
Allüren). Mit viel Sinn für Ironie und subtile Komik setzte sie das Regiekonzept
um, ohne daß gesanglich etwas auf der Strecke blieb. Ihre Stimme entwickelt
sich bereits zur nächsten Stufe hin, und doch besitzt sie noch genug Leichtigkeit
für Rossins Musik und Koloraturen.
Filippo
ADAMI (Ramiro) ist sicherlich nicht der großartigste Rossini-Tenor der
Welt, aber er fügte sich gut ins Ensemble ein, zeigte viel Freude am Spiel
und versuchte, das Beste aus seiner nicht wirklich großen Stimme zu machen.
Überraschend war, daß Viktor RUD tatsächlich doch über die Fähigkeit verfügt,
komisch zu sein, ohne dabei permanent bemüht zu wirken. Dandini ist augen-
wie ohrenscheinlich die beste Partie in seinem Repertoire. Ein bißchen
mehr von dieser Energie in seinen anderen Rollen wäre wünschenswert.
Alidoro
in der Interpretation von Adrian SÂMPETREAN kann man nur als grandios
bezeichnen. Der große Strippenzieher im Hintergrund gefiel mit seiner
profunden Stimme und seiner exakten Stimmführung ebenso wie mit seiner
offensichtlichen Freude am Spiel. Nicht nur von der Umsetzung der Choreographie
her gesehen, aber eben auch aus dieser Warte, dürfte er sich für die nächste
"Ballo"-Serie empfehlen. ;-)
Melissa
PETIT als Clorinda und Juhee MIN als Tisbe gaben ein herrlich zickiges
Schwesternpaar, das sich vokal definitiv nicht zu verstecken brauchte
und mit viel Freude an wohldosierter Überdrehtheit über die Bühne tobte.
Etwas zu überdreht und leider eben eher gewollt komisch gab Andrea CONCETTI
Don Magnifico. Hier fehlte es sowohl stimmlich, als auch darstellerisch
an der so essentiellen Leichtigkeit.
Voll
in die Bühnenshow integriert und mit ebensoviel Spaß wie die Solisten
bei der Sache war der CHOR DER STAATSOPER (Leitung: Christian GÜNTHER).
Hier zeigte sich auch ein weiterer Pluspunkt der Produktion: keine Aktion
ist so kompliziert gestrickt, daß der Gesang während der Ausführung vergessen
wird. Es wirkt natürlich, und die musikalische Umsetzung klappt scheinbar
ganz von allein.
Von
der musikalischen Leitung des Abends durch Alessandro DE MARCHI hätte
man sich vielleicht noch ein wenig mehr Esprit und Schwung gewünscht.
Die PHILHARMONIKER HAMBURG spielten untadelig und klangen recht motiviert.
AHS
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