Die
auch schon weit über dreißig Jahre alte Inszenierung von Gilbert DEFLO
funktioniert nun schon seit Jahren nach dem Prinzip: "Stell die Sänger
rein und laß sie machen." Das kann ausgesprochen gutgehen, wie bei den
tiefen Herrenstimmen oder Berta, das kann auch schiefgehen.
Tara
ERRAUGHT tut sich als Rosina schwer damit, Profil zu entwickeln. Sie sind
ohne großen Tadel, vielleicht sind manchmal die Höhen nicht ganz angebunden,
aber die Figur findet kaum statt. Vor allem von der kleinen durchtriebenen
Intrigantin, die Rosina auch ist, war nichts zu finden. Lawrence BROWNLEE
läßt als Almaviva eine nicht unangenehme, aber relativ unpersönliche Stimme
hören, womit man hätte leben können. Sein Hang zu sehr unschönen darstellerischen
Überzogenheiten war jedoch schwer zu ertragen. Seine Auftritte als betrunkener
Soldat und vor allem als Don Alonso waren einfach nicht mehr komisch.
Ein solcher Trottel ist Bartolo mit Sicherheit nicht, daß er da nicht
schon hätte merken müssen, daß etwas nicht stimmt.
Rodion
POGOSSOV in der Titelrolle ist ein echtes Showtalent, der im Gegensatz
zum Tenor das Gefühl dafür hat, wann Übertreibungen einfach nicht mehr
lustig sind, sondern geschickt an der Grenze zwischen Komik und Klamauk
entlang balanciert. Er nennt einen angenehmen, warmen Bariton sein eigen
und weiß damit umzugehen, wobei alles spontan wirkt, als wäre es ihm gerade
eingefallen. Schon sein Posa im Januar hatte begeistert, jetzt wurde der
Wunsch geweckt, ihn in noch vielen weiteren Rollen zu hören.
Kongeniale
Partner hatte er in Bartolo und Basilio. Renato GIROLAMI ist als Bartolo
schon seit vielen Jahren eine Klasse für sich, sein Parlando setzt noch
immer Maßstäbe, und er stellt einen herrlichen einen alten Zausel dar.
Tigran MARTIROSSIAN hat und macht viel Spaß mit dem Basilio. Lustvoll
spielt er die Rolle aus und singt sie durchdacht. Man ist immer überrascht,
was für ein Komiker in ihm steckt, wenn man ihn zuvor gerade erst in ernsten
Rollen erlebt hat.
Eine
absolute Luxusbesetzung für die Berta stellt immer wieder Katja PIEWECK
dar, die durch Präsenz und Stimmschönheit Rosina die Show stahl. Als Fiorillo
ergänzte solide Thomas FLORIO.
Nicholas
CARTER, der neue Assistent von Simone Young, bot eine erfreuliche erste
Begegnung. Er dirigierte die einwandfrei spielenden PHILHARMONIKER mit
viel Brio und Übersicht; eine klitzekleine Gefahr des Auseinanderfallens
von Bühne und Graben kurz vor der Pause wurde sofort wieder eingefangen.
Weitere Vorstellungen mit dem jungen Dirigenten sind sehr erwünscht.
Auch
der CHOR (Leitung: Christian GÜNTHER) bot eine mehr als solide Leistung
MK
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