Mit
der "Götterdämmerung" wurde nun der Hamburger Ring-Zyklus zum von Wotan
in der "Walküre" bereits gewünschten Ende geführt. Selbiges habe ich auch
herbeigesehnt.
Claus
GUTH hat es mit seinen bisherigen Inszenierungen immer geschafft, mich
massiv zu langweilen. Das Problem ist, daß die Figuren komplett uninteressant
sind, und es bestenfalls ein rudimentäres Konzept gibt. Dieses wurde für
mich ersichtlich eigentlich erst im "Siegfried" etabliert: Siegfried wuchs
bei dem drogensüchtigen Mime auf und ist entsprechend traumatisiert.
Das
hat sich in der "Götterdämmerung" nicht geändert. Siegfried hat sich gar
nicht weiterentwickelt, sondern ist auf dem Stand eines Pubertierenden
stehengeblieben. Dieses ist zwar eine durchaus denkbare Möglichkeit und
auch relativ moderat und nicht allzu nervig umgesetzt, trotzdem springt
der Funke niemals über. Erst als ein Wotan-Double Siegfrieds Augen für
immer verschließt und später ganz am Ende des Finales, wenn Brünnhilde
auf den am Fenster sehnsüchtig zu ihr blickenden Siegfried zugeht und
zusammenbricht, vermag die Inszenierung kurzzeitig eine Wirkung zu erzielen.
Das
unterkühlte Bühnenbild von Christian SCHMIDT, der auch die unspektakulären
Kostüme entwarf, lädt die Protagonisten erneut zum Herumgestehe ein -
dieses Mal teils auf zwei Ebenen eines irgendwie sich fast ständig in
Rotation befindlichen Hauses im 2. Akt.
Sängerisch
gab es größtenteils grundsolide Kost. Christian FRANZ (Siegfried) bemühte
sich um Differenzierung und ging dem einen oder anderen hohen Ton aus
dem Weg. Seinen nicht wirklich schönen Tenor, der vom Timbre eher ins
Charakterfach tendiert, führt er mir persönlich zu "deutsch" durch diese
mörderische Rolle.
Catherine
FOSTER (Brünnhilde) verfügt über ein absolutes Luxus-Material! Sie hat
die schönste Stimme in dem Fach, die ich je gehört habe, eine super Technik
und eine bombensichere Höhe. Bedauerlicherweise sind das die einzigen
Attribute, die hängengeblieben sind. War sie eigentlich der Grund, daß
ich mir diese Aufführung angeschaut habe, da sie mir im "Siegfried" durchweg
positiv aufgefallen ist, so vermißte ich doch einiges an Ausdruck. Ihre
Eifersucht war kaum zu spüren. Der Schlußmonolog war belanglos, dazu irritierte
in dieser Szene ihr Lächeln, das eher dem eines Conferenciers glich. Schade...
Einen
prächtigen Heldenbariton ließ Robert BORK als Gunther vernehmen, dessen
Kostüm im ersten Akt wirkt, als hätte er es aus einem Rosamunde-Pilcher-Film
geklaut. Er lieferte alles in allem eine solide Leistung ab. Gleiches
gilt für Attila JUN (Hagen), der in der Hochzeitsszene seine stärksten
Momente hatte. Wolfgang KOCH ergänzte ohne sonderlich Eindruck zu hinterlassen
als Alberich.
Anna
GABLERs Gutrune fiel dadurch auf, daß sie nicht großartig auffiel. Deborah
HUMBLE (Waltraute/1. Norn) und Cristina DAMIAN (2. Norn) absolvierten
ihre Parts gut, während Helen KWON als 3. Norn einmal mehr unter Beweis
stellte, daß Wagner nicht unbedingt ihr Komponist ist. Äußerst homogen
kamen die Rheintöchter mit Katerina TRETYAKOVA (Woglinde), Maria MARKINA
(Wellgunde) und Ann-Beth SOLVANG (Flosshilde) daher.
Daß
der Abend doch nicht so ganz verloren war, lag hauptsächlich an Simone
YOUNG, die aus den HAMBURGER PHILHARMONIKERN alles rausholte. Das Blech
klang super, wie immer waren die langsamen Passagen nie langweilig, die
schnellen nie gehetzt, und Siegfrieds Todesmarsch war ungemein packend.
Von hoher Qualität präsentierte sich der CHOR unter Florian CSIZMADIA.
Fazit:
Während das Theater Lübeck einen in fast allen Belangen überragenden "Ring"
mit einer faszinierenden locker-lässigen Ernsthaftigkeit mit einem durch
die Bank weg überwältigend guten Ensemble auf die Bretter zauberte, wirkt
der Hamburger wie eine vollkommen unfertige Produktion, der musikalisch
leidlich unspektakulär ist und dessen Stärke lediglich bei Falk Struckmann
(Wotan/Wanderer) und Simone Young zu finden ist. Ich habe schon weitaus
spannendere halbszenische Aufführungen gesehen... WFS
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