"IL ARMENO IN AMBURGO"

Irgendwie war es merkwürdig, nach längerer Zeit Christoph LOYs eh schon mäßig komischer Produktion von Rossinis Oper zu begegnen. Ist sie einfach nur schlecht gealtert, oder hat die Änderung der kompletten Besetzung dazu geführt, daß fast jeder Witz plötzlich aufgesetzt erscheint?

Auch musikalisch verwirrte das Duell zwischen Gästen und Ensemblemitgliedern, das letztere eindeutig gewannen. Tigran MARTIROSSIAN war ein höchst amüsanter, elegant singender Selim, der sichtbar Spaß an der Verkörperung des von sich überzeugten Machos hatte. Wenn man sich anschaut, was der junge Baß inzwischen so alles singt, beeindruckt umso mehr, daß er noch immer Rossini mit der Leichtigkeit ausstattet, die dieser benötigt. Er bleibt klarer Sieger gegenüber dem Geronio von Luciano di PASQUALE, der wenig Komik entfalten konnte, und aufgrund dessen poltriger Art zu singen sich auch das Mitleid mit der Figur in sehr engen Grenzen hielt.

War der Ausgang des Duells hier fast erwartungsgemäß, war man doch bei den Damen überrascht. Sumi JO hat immerhin einen bekannten Namen, aber leider nicht viel mehr als das, zu bieten. Ihre Fiorilla stöckelt in überzogener Weise durch die Szenerie und weckt wenig Sympathie für ihren Charakter. Wo Rollenvorgängerinnen in ihrer großen Arie eine emotional ergreifende Szene zeigten, nützte Jo diese lediglich zur Darbietung von Gesangstechnik, wobei diese auch noch problematisch war, weil die Töne je höher, desto dünner wurden. Geradezu deklassiert wurde sie von Juhee MIN als Zaida, einem Mitglied des Opernstudios, die durch Präsenz, eine warme, in allen Lagen perfekt ansprechende Stimme und sympathische, ausgesprochen attraktive Ausstrahlung den Turco und das Publikum für sich gewann.

Auch bei den Tenören war es der Gast, der dem Opernstudiomitglied den Vortritt lassen mußte. Filippo ADAMIs Narciso hatte in der Höhe vor allem zu Beginn grelle Töne zu bieten, seine Darstellung war auch von wenig Selbstironie geprägt, wie sie beispielsweise die Premierenbesetzung zeigte, teilweise vergaß man ihn sogar irgendwie, weil er sowenig darstellerisch präsent war. Ganz anders Paulo PAOLILLO als Albazar. Man hätte ihm gegönnt, die Arie, zu der er ansetzte, auch singen zu dürfen. Das Opernstudio hat in den letzten Jahren einen exzellenten Griff für Tenöre gehabt, Paolillo macht da keine Ausnahme.

Lediglich Moritz GOGG als Prodocimo fiel ab. Er war, wie so häufig, sowohl stimmlich als auch darstellerisch bestenfalls unauffällig und schlimmstenfalls etwas neben der Rolle. Den Drahtzieher konnte man ihm nicht abnehmen. Dafür bot Apostolos DULAKIS als Selims Leibwächter Haly eine echte Höchstleistung - und das ganz ohne Text - die an Coolness nicht zu überbieten sein dürfte.

Wenig inspiriert waren CHOR und ORCHESTER unter der Leitung von Alfred ESCHWÉ, bei dem offenbar Leichtigkeit und Belanglosigkeit Synonyme zu sein scheinen. In den besseren Momenten störte das Dirigat wenigstens nicht, in den schlechteren wackelte es speziell beim Chor (geleitet von Christian GÜNTHER) gewaltig. MK