Nein,
wirklich lustig ist die Inszenierung von Harry KUPFER nicht. Das wäre
auch nicht unbedingt notwendig, wenn Kupfer seine gar nicht so schlechte
Anfangsidee, in welcher Danilo, Hanna und Njegus in GI-Uniform nach dem
Krieg in ein zerstörtes Filmstudio zurückkehren und sich dann erinnern,
indem sie beginnen, mit Textbuch und Plattenspieler das Stück zu spielen,
oder wie Erinnerungsfetzen Szenen plötzlich erscheinen.
Etwas
unvermittelt wechselt es dann zu Dreharbeiten zu dem kunterbunten Film
"Die lustige Witwe", irgendwo in den fünfziger Jahren. Eine wirkliche
Rückkehr zu der Anfangsidee findet nicht statt, auch ist nicht ersichtlich,
was der Filmdreh aussagen soll. Zudem stellte sich mir ständig die Frage,
wie viele Schauspieler, die nach 1933 immigriert waren, in einem Unterhaltungsfilm
der fünfziger Jahre tatsächlich Hauptrollen bekommen haben. Mir fielen
nicht wirklich welche ein. Wäre dies thematisiert worden, hätte das durchaus
interessant werden können.
Natürlich
ist die Personenregie bei Kupfer ausgearbeitet, aber es wuchs einem keine
der Figuren ans Herz, und man interessierte sich auch nicht wirklich für
die Nöte der Charaktere. Das Bühnenbild von Hans SCHAVERNOCH sind ebenso
wie die Kostüme von Yan TAX geradezu verschwenderisch, sobald die Dreharbeiten
im Fünfziger-Jahre-Ambiente beginnen, und zuvor angemessen deprimierend.
Wirklich sehr schön ist die Idee des Waschraums auf der Party bei Hanna,
der auf der einen Seite die Damen und durch eine Wand getrennt die Herren
zeigt.
Miriam
GORDON-STEWART hat seit ihren Anfängen in Hamburg sich erheblich gesteigert.
Sie sang die Titelrolle sicher, abgesehen von zwei verrutschten Tönen,
und war eine attraktive Erscheinung. Sie hatte allerdings offenbar die
größten Schwierigkeiten mit dem Konzept und wirkte dadurch immer irgendwie
außerhalb der Handlung, so daß man zu keinem Zeitpunkt der Figur näher
kam. Bo SKOVHUS fehlte es als Danilo an Charme in der Stimme; man konnte
sich teilweise des Eindrucks nicht erwehren, daß er lustlos sang, wobei
er darstellerisch ganz und gar nicht lustlos wirkte. Außerdem klang die
Stimme gerade bei den "Hits" flach und sogar leicht angegriffen. Er hatte
allerdings ein paar wirklich komische Momente, in denen er extemporierte.
Der
Camille von Jun-Sang HAN kämpfte zu Beginn ganz erheblich mit den Höhen
und der Durchschlagskraft. Dies legte sich jedoch im Laufe des Abends.
Der junge Tenor ließ dann wunderschöne Phrasierungen hören und spielte
sehr amüsant die Eitelkeit um die beste Großaufnahme aus. Auch Gabriele
ROSSMANITH (Valencienne) verfügt nicht über eine Riesenröhre, aber sie
hatte von Beginn an keine Schwierigkeiten mit Höhen oder Durchschlagskraft
und war darstellerisch tatsächlich eine sehr junge Frau. Zudem verfügt
sie über eine große Präsenz.
Ob
man Günter NEUMANN (Mirko Zeta) wirklich noch singen hören muß, ist fraglich.
Als Figur jedoch überzeugt er, ebenso wie Frieder STRICKER als Njegus,
der es irgendwie sogar als einziger schaffte, gelegentlich eine gewisse
Melancholie durchscheinen zu lassen.
Dominik
KÖNINGER und Jürgen SACHER sind als Cascada und St. Brioche luxuriöse
Besetzungen, ebenso wie Vida MIKNEVICIUTE, Maria MARKINA und vor allem
Renate SPINGLER als Sylviane, Olga und Praskowia. Kyung-Il KO (Bogdanowitsch),
Sven Olaf GERDES (Kromow) und Günter HARTMANN (Pritschitsch) ergänzten
kompetent.
Simone
YOUNG nimmt sich der leichten Muse persönlich an und dirigiert flott und
schwungvoll die PHILHARMONIKER HAMBURG. Daß sich weder Operettenseligkeit,
noch gar tiefere Betroffenheit einstellte, lag nicht am Dirigat, an der
Orchesterleistung oder dem engagierten CHOR (Leitung: Christian GÜNTHER),
sondern vor allem an der unentschlossenen Regie. MK
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