Mit
dem "Siegfried" geht der Hamburger Ring in die 3. Runde. Meine Erwartungen
an die Regie waren nach den sehr öden vorangegangenen Teilen ("Rheingold"
und "Walküre") sehr gering.
Um
es vorweg zu schicken: Diese Produktion ist die mit Abstand Beste von
Claus GUTH, die ich bislang gesehen habe. Das allerdings auch hauptsächlich,
weil mal überhaupt etwas wie Personenführung auf der Bühne zu sehen ist,
was mir bei seinen vorherigen hiesigen Arbeiten verborgen blieb... Dieser
Siegfried wuchs all die Jahre in einer Art heruntergekommen Lagerhalle
bei dem medikamentensüchtigen Mime auf. Gegen Ende des 1. Aufzugs schmeißt
er fast das gesamte "Inventar" in eine Feuergrube. Wenn der Wanderer die
Behausung begutachtet, gibt es einen irgendwie bezeichnenden Moment, wenn
er unter einem Laken Bauklötze entdeckt.
Eine
interessante Tiefe erhält die Figur des Jungspundes, wenn er, nachdem
er Mime und Fafner (der hier als normaler Mensch und nicht als Ungeheuer
auftritt) getötet hat, diese in kindlicher Trauer aufsetzt und "herrichtet".
Ein Einfall, der zu packen vermag! Nicht wirklich überzeugen konnte mich
jedoch die Erda-Szene, in der selbige als Bibliothekarin das Wissen verwaltet,
welches Wotan mittels Verwüsten der Karteikarten durcheinander bringt.
(Es ist nicht wichtig, alles zu wissen, es ist wichtig zu wissen, wo alles
steht). Als durchwachsen gestaltete sich das Finale, das einige gute Einfälle
aufweist, am Schluß jedoch seine Wirkung etwas verfehlt, wenn Siegfried
und Brünnhilde Bücher zerreißen.
Alles
in allem krankt diese Regiearbeit, die von Guths Haus- und Hofausstatter
Christian SCHMIDT mitgestaltet wurde, jedoch vor allem daran, daß sie
insgesamt sehr verkopft rüberkommt und das Stück zu ernst nimmt. Wirklich
überzeugen vermag er mich nicht.
Die
Titelrolle lag bei Christian FRANZ in soliden Händen. Er spielte und sang
die Höllen-Partie ohne Fehl und Tadel. Allerdings kaufte ich ihm den jugendlichen
Abenteuerdrang keinen Moment ab. Ferner hat er eine Neigung dazu, für
meine Verhältnisse zu wenig zu singen, so daß sein Vortrag des Öfteren
etwas abgehackt klang. Allerdings muß man ihm zu Gute halten, daß er trotz
angesagter Krankheit die Vorstellung sang.
Mit
Peter GALLIARD (Mime) werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr warm werden.
Mir fehlte in seinem Vortrag einfach das skurrile Element. Er spielte
zwar durchaus engagiert, und gesanglich kann man ihm auch nichts vorwerfen,
aber er hat mich schlichtweg nicht erreicht.
Falk
STRUCKMANN zeigte als Wanderer erneut, daß sich Konsonanten auch singen
lassen... Ich finde es immer wieder faszinierend, wie er mit seinem sehr
rauhen Baß-Bariton doch zu solchen Lyrismen fähig ist, und wie er es schafft
auf eine sehr undeutsche Weise doch "deutsch" zu singen. Auch darstellerisch
blieb kein Wunsch offen. Anzumerken ist eine minimale Indisposition, derart,
daß ihm der eine oder andere Ton im Hals stecken blieb.
Die
Entdeckung des Abends war die Brünnhilde von Catherine FOSTER. Ihre zugleich
klare wie dramatische Stimme paßte einfach perfekt zu der Rolle, zudem
war sie eine sehr intensive Schauspielerin. Es bleibt zu hoffen, daß sie
auch in Zukunft die hiesigen Brünnhilden (und mehr) singen darf!
Als
versoffener Alberich lieferte Wolfgang KOCH ein rundum befriedigendes
Portrait. Diogenes RANDES (Fafner) und Deborah HUMBLE (Erda) sangen auf
gutem Niveau. Ha Young LEE als Waldvogel, bzw. alter ego Siegfrieds (das
erste Male, daß die altbekannte Guth'sche Dopplung der Figuren ab und
an nicht ganz sinnfrei ist) produzierte lauter richtige Töne.
Am
Pult der sehr gut disponierten HAMBURGER PHILHARMONIKER waltete Simone
YOUNG äußerst solide. Allerdings fehlte mir noch das letzte Quentchen,
welches aber sicherlich im Laufe der Serie noch hinzukommen wird. WFS
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