Ein
besonders exponiertes Werk der Musikliteratur mit irgend einem anderen
zu kombinieren (um die zwei Stunden voll zu kriegen???), ist ein riskantes
Unterfangen, da das erste schon ein wenig den Duktus des folgenden haben
sollte. Wer auch immer ausgerechnet diese Kombination nicht verhindert
hat, sollte dazu verdonnert werden, ein Jahr lang das Tages-Programm von
NDR-Kultur und abends KlassikRadio hören zu müssen.
Als
Einleitung zu Bela Bartoks deprimierender Grusel-Oper "Herzog Blaubarts
Burg" wurde Haydns Sinfonie in A-Dur "Tempora mutantur" (Hob. I: 64) gespielt;
ein im Vergleich uninteressantes, langweiliges, belangloses 08/15-Frühklassik-Stück.
Leider vermochte es Christoph von DOHNANYI nicht, das Stück so (immerhin
auswendig!) zu dirigieren, daß ich es spannend gefunden hätte. Es klang
mir zu barock (gerade der 2. Satz), was vom Cembalo unterstützt wurde.
Etwas
besser war es um Bartoks sehr unkonventionelles, faszinierend-düsteres
Werk bestellt. Von Dohnanyi hielt das ORCHESTER insgesamt gekonnt zusammen.
Allerdings vermißte ich diese düster-flirrende Atmosphäre und das ungarische
Idiom. Außerdem wurde der Sänger des Blaubart mehr als einmal komplett
zugedeckt. Nur Lautstärke allein macht es dann auch nicht...
Die
Titelpartie wurde von Matthias GOERNE gesungen. Er verfügt eigentlich
über eine ideale Stimme für diese Partie. Sie ist angenehm rund und für
jemanden, der eigentlich doch eher als Lieder-Sänger bekannt ist, erstaunlich
tief. Jedoch blieb er der Partie doch so einiges schuldig. Die Figur ist
ja ein ambivalenter Charakter: Auf der einen Seite zeigen sich anhand
der Räume fast psychopathische Ansätze, auf der anderen Seite muß er eine
so faszinierende Gestalt sein, daß Judith trotzdem alle Türen öffnen will
und schlußendlich durch die letzte hindurchgeht. Weder das eine, noch
das andere habe ich gehört. Er war für mich her eine bessere Nebenfigur.
Dieses
läßt sich nicht von der herausragenden Yvonne NAEF (Judith) sagen. Sie
sang die Partie mit großer Intensität und zweifelndem Selbstbewußtsein.
Sie überstrahlte scheinbar mühelos die Orchester-Wogen mit ihrem dramatischen,
hörbar an Wagner geschulten Mezzo. Zudem war sie trotz der konzertanten
Aufführung eine gute Schauspielerin (Goerne konnte/durfte ich leider nicht
sehen...).
Károly
MÈCS sprach den mir bis dato unbekannten Prolog. Er war mir nicht unheimlich
genug und wirkte ein wenig aufgeregt. Alles in allem stellte ich jedoch
fest, daß man für diese Oper eigentlich eine Inszenierung (oder zumindest
Lichteffekte) benötigt. Zwar passiert so gut wie gar nichts, und die Stimmung
wird auch schon sehr eindringlich über die Musik erzeugt, aber zur vollkommenen
Atmosphäre wäre eine gute Regie förderlich. Ich würde mir wirklich wünschen,
daß Simone Young die Konwitschny-Inszenierung ausgräbt und wieder auf
den Spielplan der Staatsoper setzt - natürlich mit ihr selbst am Pult...
Sehr
erstaunt hat mich die Tatsache, daß angesichts dieses unpopulären Programms
die Musikhalle ausverkauft war. WFS
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